Mainz [2]

[75] Mainz, Hauptstadt der großherzogl. hess. Rheinprovinz u. deutsche Bundesfestung, mit dem auf der andern Rheinseite gelegenen Kastel durch eine Schiffbrücke verbunden, hat ohne Militär 36750 E., worunter 5400 Prot., 2130 Juden. Unter 11 Kirchen sind die merkwürdigsten: die ehrwürdige Domkirche, die gothische Stephanskirche, die Quintinskirche, die neue Ignatiuskirche. In dem ehemaligen kurfürstl. Palaste befinden sich jetzt die städtische Bibliothek von 100000 Bänden, ein Medaillenkabinet, Bildergalerie und die merkwürdige Sammlung röm. Alterthümer aus M. u. der Umgegend. Das vormalige Deutsch-Ordenshaus ist jetzt großherzogl. Residenz; sehenswerth sind ferner das Zeughaus, die ehemaligen Wohnhäuser des Johannes zu Gutenberg, des Fust u.s.w., das eherne Standbild des Gutenberg auf dem von ihm benannten öffentlichen Platze. M. ist Festung ersten Rangs mit einer Citadelle, mehren detachirten Forts und dem ebenfalls stark befestigten Kastel als Brückenkopf. Die Besatzung besteht außer ungefähr 2000 Hessen aus 8000 Oesterreichern und Preußen. Die Stellen des Gouverneurs, Vicegouverneurs u. Commandanten wechseln zwischen Oesterreich und Preußen alle 5 Jahre. Die Industrie ist nicht unbeträchtlich, sehr bedeutend der durch Eisenbahnen und die Rheinschiffahrt begünstigte Speditionshandel; M. ist auch einer der besuchtesten Getreidemärkte Deutschlands. – M. (Moguntia, Moguntiacum) wurde von Drusus im Jahre 13 v. Chr. angelegt und war bis in das 4. Jahrh. ein Hauptwaffenplatz der Römer gegen Germanien; von Attila zerstört erhob es sich im Anfang des 7. Jahrh. unter den Franken wieder und erlangte durch die Stiftung des Erzbisthums bald große Bedeutung. Seine Blüte fällt in das 12. und 13. Jahrh., wo mancher Reichstag daselbst abgehalten wurde und M. an der Spitze des rhein. Städtebundes stand. Als fester Platz war es immer von großer Bedeutung; 1792 wurde es an Custine verrathen, im Juli 1793 nach hartnäckiger Vertheidigung von den Preußen zur Uebergabe gezwungen; 1813 u. 14 nur blockirt und durch den Wiener-Congreß Hessen-Darmstadt überlassen, zugleich aber als Bundesfestung erklärt und besetzt.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 75.
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