Stein [6]

[318] Stein, Heinr. Friedr., Freiherr von u. zum, geb. 26. Oct. 1757 zu Nassau an der Lahn, aus altem freiherrlichen Geschlechte, bildete sich durch gründliche Studien und auf Reisen, trat 1780 in preuß. Staatsdienst, bewies sich in verschiedenen Stellen als einen ebenso thätigen als einsichtsvollen Beamten, wurde 1804 als Chef des Accise-, Zoll-, Fabrik- und Handelsdepartem. Mitglied des Ministeriums. S. haßte die Franzosen [318] u. Napoleon I. als deutscher Patriot und als Edelmann, vermochte aber der damaligen preuß. Politik in ihrer Haltung nach Innen und Außen keinen Impuls zu geben und erst 4807 konnte er kurze Zeit als Minister jene Wirksamkeit entfalten, welche im J. 1813 ihre Früchte trug. Napoleon erkannte seinen Feind bald und schon im Nov. 1808 mußte S. aus dem Ministerium entlassen werden, worauf er in Oesterreich, dann in Rußland gegen Napoleon thätig war. 1813 stand S. an der Spitze der provisorischen Centralverwaltung (s. d.), verlor aber allen Einfluß auf den Gang der entscheidenden Verhandlungen, zog sich nach dem Frieden mißmuthig auf seine Güter in Nassau und zu Kapellenberg im Westfälischen zurück und trat nur noch einigemal in bedeutungslosen Stellungen auf z.B. als Landtagsmarschall auf dem westfälischen Provinciallandtage; er st. 29. Juli 1831. S.s Vaterlandsliebe und Ehrenhaftigkeit, seine Charakterstärke und Energie, seine sittliche Reinheit und Wohlthätigkeit weisen ihm einen Platz in der Reihe der ausgezeichnetsten Persönlichkeiten an. In seinem Briefwechsel mit Gagern (1831 herausgg.) zeigt es sich aber oft genug, daß S. die Verhältnisse häufig nicht durchschaute u. statt auf wirkliche Zustände und Kräfte, auf Voraussetzungen baute, daher S., wenn die Neugestaltung Deutschlands 1815 nach seinen Ansichten durchgeführt worden wäre, es mit allen Parteien verdorben und nichts Dauerndes geschaffen hätte. – Von S. ging die Anregung zur Herausgabe der »Monumenta Germaniae historica« aus; einen trefflichen Biographen fand er in Pertz (s. d).

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 318-319.
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