Lupus

[665] Lupus.

Lupus, frantzösisch, Loup, der Wolff, ist eine Art der wilden Hunde, oder ein vierfüßiges Thier, einem Fleischerhunde nicht unähnlich, gar sehr gefressig, grausam, und nach Fleisch begierig, starck und von grosser Kraft. Das Weiblein heisset auf lateinisch, Lupa, frantzös. Louve, und der junge Wolff, Catulus lupa, frantzösisch, Louveteau oder Cheau. Die Wölffin trägt nicht länger als zwey Monat und bringet fünff und sechs Stück junge Wölffe auf ieden Wurff. Sein Kopf ist viereckigt, der Geruch trefflich zart und scharff, den Hals kan er, von wegen der Gelencke ihrer Stellung, nicht alleine wenden, sondern muß den gantzen Leib zugleich mit herum drehen. Er wohnet in wüsten Wäldern und Forsten: lebet von allerhand Aas und Luder: er fället auch lebendige Thiere an, Schafe, Esel, Maulthiere und Pferde, die fast er bey der Gurgel an und würget sie. Er bringet selbst die Menschen um und frist dieselbigen. Er verschlinget auch Kieselsteine, entweder, weil ihn der Hunger oftmahls drücket, oder weil sie ihm die andern Dinge, die er eingefressen hat, verdauen helffen müssen; dann es mag wol seyn, daß sie in seinen Magen gleichsam herum geworffen werden, und was darinne ist, zerreiben: zum wenigsten müssen diese Steine in demselbigen erweichet werden, dann sein Koth sieht wie geweichter Letten aus. Mit dem Geklimper einer Schelle ist er leicht in die Flucht zu bringen, auch, wann man ein Paar Schlüssel gegen einander schlägt. Für Hunger wird er leichtlich rasend, und ist alsdann ein höchst gefährlich Thier. Den Bauersleuten thut er so viel Schaden, daß, wann iemand von ihnen das Geschicke hat, einen umzubringen, und will ihn von Dorff zu Dorffe herum tragen, darff sich versichert halten, daß er deshalben wol belohnet werden wird; ein ieder wird ihm gewiß etwas verehren.

Die Wolffshaut wird zu Müffen, zu Handschuhen, und zu vielen andern solchen Dingen mehr gebraucht.

Der Wolffszahn wird gebraucht bey kleinen Kindern, ihre ersten Zähne leichtlicher heraus zu bringen: er wird um dessentwillen in Silber eingefast, und man lässet sie dran käuen, damit das Zahnfleisch sich durch dieses reiben öffne, und dergestalt die Zähne heraus kommen mögen.

Alle und iede Theile vom Wolff führen viel flüchtiges Saltz und Oel.

Das Wolffshertz als ein Pulver eingenommen, ist gut zur schweren Noth. Die dosis ist von einem halben Scrupel bis auf ein Paar gantze.

Die Wolffsleber gedörret und zu Pulver gestossen, dienet zur Wassersucht und zu der Schwindsucht. Die dosis ist ein Scrupel bis auf ein gantz Quintlein.

Das Fett vom Wolff zertheilt, und ist den Nerven gut; damit werden die preßhaften Glieder geschmieret.

[665] Die Wolffsdärme gedörrt, und zu Pulver gestossen, dienen wider die Colic von Blähungen. Auf einmahl wird ein Scrupel bis auf ein gantzes Quintlein eingegeben.

Die Wolffsbeine zu Pulver gestossen, dienen zu dem Seitenstechen, zum Lendenweh, zum Schmertzen in der Seite, und zu den braun und blauen Mählern. Es wird ein Scrupel bis auf ein gantz Quintlein für einmahl gegeben.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 665-666.
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