Erinnerungsbilder

[301] 1856.


Her mit deinen Helden, wenn auch in nuce!

Heut sollst du mir deine Sehrmänner nennen,

Die vor dir in gloriosissima luce,

Im Ruhmessonnenschein leuchten und brennen.

Frostwetter ist es, daß Gott erbarm'!

Wir sind an Taten und Ehren arm.


Den Größten zuerst – das Wörtlein der Größte

Verpufft mich billig, doch wie dem sei,

Dem Deutschen bleibt der Beste der Größte,

Der Treueste Beste – das bleibt dabei.

Solchen Ehrenspruch begreint mir kein Hohn:

Der Beste war Scharnhorst, der Bauersohn.


Den Edelsten jetzt – O Edel! Hochedel!

Wort, das von göttlichen Flammen sprüht!

Vernimm, nie hat's unter menschlichem Schädel,

In menschlichem Herzen nie stolzer geglüht,

Geglühet, geblühet auf deutscher Au

Als im Ritterglanze, im Gneisenau.


Den Hellsten – Lieber, hier werd' ich ein Blinder,

Licht suchend unter so strahlenden Lichtern.

Du meinst der Schlachten Treffer und Finder,

Das hellste Aug' von den hellen Gesichtern.

Da schaute vor vielen mit Adlerblick

Der Grolman des wogenden Kampfs Geschick.


Den Frommsten – O fröhliches Heldengewimmel!

Wie sind da die Tausende betend gezogen!

Wie sind da die Fahnen und Herzen zum Himmel

In Gottes Hoffnung und Wonne geflogen!

Der Löwe Hiller. Glückseliger Mann,

Wer solchem gleich fechten und beten kann!


Den Stillsten – Was meinest du wohl mit dem Stillen?

Eine Frage fast hoch über meinem Erreich.

Ich meine, du meinest den tapfersten Willen:

Solcher Stillen ist Erdreich und Himmelreich –

So merke die Wörter Hell, Frei und Treu,

Darin sitzt der Boyen, der stille Leu.
[302]

Den Mutigsten – Dornigste Frage der Fragen,

In Deutschland zu fragen nach mutigstem Mut.

Mut war ja von allerältesten Tagen

Ein eigenstes, allerdeutschestes Gut –

Doch der nimmer und vor nichts sich gefürchtet, voran

Stehe hier der Blücher, der deutscheste Mann.


Den Stärksten – O der Starke der Starken,

Der herrlich schließet den Heldenreihn,

Der Gewaltigste war in des Vaterlands Marken,

Der Stärkste der unzerbrechliche Stein.

Solange klinget von deutschen Lippen Gesang,

Wird klingen des mächtigen Namens Klang.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 301-303.
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