Geduld bricht Rosen

[310] Er.


Was soll ich noch erleben?

Wär' mir's bekannt!

Mein Vaterland

Muß ich schon überleben.


[310] Der Mönch.


Dir wird die Liebe geben

Ein schönres Vaterland.


Er.


Der ich beim ersten Blicke

Mein Leben schenkt,

An mich nicht denkt,

Die Liebe folgt dem Glücke.


Der Mönch.


Daß Liebe dich entzücke,

Nur Gottes Sohn dir schenkt.


Er.


Die Feinde hör' ich schießen,

Die Lieb' mich flieht,

Nicht mit mir zieht,

Herr Christus laß dich grüßen.


Der Mönch.


Sieh seine Wunden fließen,

Doch er so mild dich sieht.


Er.


O trockne meine Thränen

In deinem Strahl,

Befrei von Qual,

Wenn unerhört mein Sehnen.


Der Mönch.


Er beugt das Haupt nur denen,

Die in der Frommen Zahl.


Er.


Er beugt das Haupt den Klagen,

O Wunderton!

Die Dornenkron'

Auf's Haupt mir fiel mit Plagen.


[311] Der Mönch.


Die Kugel sahst du schlagen

Nach Gottes Sohn!


Er.


Sie nahm ihm Dorn und Schmerzen,

Ich leid' für ihn,

Wie froh und kühn

Bin ich im stillen Herzen.


Der Mönch.


Kannst du dein Leid verschmerzen,

So werden Dornen blühn.


Er.


Die Knospe fühl' ich glühen,

Die bald aufbricht,

Ich fühl' mich licht,

Da Dornenrosen blühen.


Der Mönch.


In allen Lebensmühen

Geduld die Rosen bricht.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 22: Gedichte, Teil 1, Bern 1970, S. 310-312.
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