Maria auf der Reise

[363] Procopii Mariale festivale. S. 447


Ey wie so einsam, wie so geschwind?

Jungfrau Maria nicht so eile;

Ringfertig, wacker, als wie der Wind,

Ach, warum läst dir nicht der Weile?

Hoch sind die Berg, sehr rauh ist der Weg,

Dazu auch manche lange Meile,

Zart sind die Füß, gibt oft schmale Steg,

Jungfrau Maria nicht so eile.


Maria.


»Warum so einsam und so geschwind,

Will ich dir herzlich gern anzeigen,

Weil du mich fragst mein liebes Kind,

Will ich die Ursach nicht verschweigen,

Jungfrauen wills gebühren gar nicht

Viel untern Leuten umzuziehen,

Eben darum viel Böses geschicht,

Weil sie die Leut bey Zeit nicht fliehen.

Durch das Gebürg über Berg und Thal,

Thut sich mein Geist in Gott erschwingen,

Als wie ein himmlische Nachtigal

Ich das Magnifikat thu singen,

Wer gern allein ist, und betet gern,

Der thut sein Zeit gar schön zubringen.«

Mensch, unser Frauen die Kunst ablern!

Gott geb, daß dir es mög gelingen.[363]


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 363-364.
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