[376] Als sie bei M.K. war, bat ich den Herrn er möge zu mir in dem Paradiesgarten ihrer Anmut in den er mich gesetzt also zu mir sprechen.
Pilger! all der Blumenschein
All die Früchte hier sind mein,
Auch kein Blättchen will ich missen
Wer mir nur ein Keimchen knickt[376]
Das ich liebvoll angeblickt
Trage Dornen im Gewissen.
Herr! ach ist dies alles dein,
O so laß mich dein auch sein!
Pilger! was hier blühend steht,
Ist die Saat, die ich gesäet,
Und wenn ich ein Unkraut fände,
Zwischen meiner Blumenzier,
Nähm' ich Rechenschaft von dir,
Darum falte deine Hände!
Herr ach säe mein Gebet
Hier ins dürrste Gartenbeet.
Pilger! du bist hergeführt,
Daß dein böser Sinn es spürt,
Wie ich könnt' in Blumen wallen,
Und nun Dornen trägt mein Haupt,
Weil du mir den Kranz geraubt,
Der an dir mir wohlgefallen.
Herr dein Dornenkranz mich rührt,
Gieb ihn mir, dem er gebührt.
Pilger, auf der Maienau
In den Blumen, in dem Tau
Sieh die Spur, die ich gegangen
Und du sollst des Weges nur
Nicht des trunknen Schmucks der Flur
Sollst allein nach mir verlangen.
Herr! auf meine Tritte schau,
Mir am Ziel die Hütte bau!
Pilger wenn die Sehnsucht singt
Und ein Kind die Ärmchen schwingt
Fliegen möcht', ein Nestchen bauen
Brüten in des Kalmus Rohr
Schau du so zum Kreuz empor
Daß ich dir ins Herz kann schauen.[377]
Herr und wenn es mir gelingt
Schau es an, daß es zerspringt.
Pilger! wenn ein Blumenstern
Dir ins Aug' blickt, er ist fern,
Himmelfern, in meinem Garten
Hat die Liebe dann geweht,
Und den Stern nach dir gedreht,
Du sollst auf die Ernde warten,
Herr, trag' ich nur einen Kern,
Find' ich Gnade vor dem Herrn.
Pilger! wenn vom Blütenzelt
Dir aufs Herz ein Blättchen fällt
Sollst du nicht, was mein begehren,
Denn dein Herz ist mein Altar,
Wo, so rein die Blüte war,
Sie mein Feuer will verzehren.
Herr, verzehr' die ganze Welt
Da, so dir mein Herz gefällt.
Pilger, wenn ein blühend Reis,
Kindisch froh um sich nicht weiß,
Und sich schwingend um dich schlinget
Denk, wie ist mein Heiland gut
Ruten schlugen ihn aufs Blut
Und zu mir er Blumen schwinget.
Herr die kühlen Blüten weiß
Nimm auf deine Wunden heiß.
Pilger, alles was da blüht,
Sich in Unschuld sehnt und glüht
Dichtet, betet, weint und lachet
Frommes Leid, unschuld'ge Lust,
Unbewußt in Kindesbrust,
Sei getreu von dir bewachet.
Herr! wird je dein Gast zu müd,
Töt' ihn, eh' er was versieht.[378]
Herr, ach sage für und für,
Wie ich nur im Garten hier
Unter deinen Blumen gehe
Daß des Lebens reinster Born
Mir im Fuße heil' den Dorn,
Daß ich heil zum Heiland gehe.
Herr! dies sage mir und Ihr,
Sag ihr, denk, ich gab ihn dir.
Ausgewählte Ausgaben von
Ausgewählte Gedichte
|
Buchempfehlung
Diese Ausgabe fasst die vier lyrischen Sammelausgaben zu Lebzeiten, »Gedichte« (1841), »Neue Gedichte« (1850), »Lyrisches und Episches« (1855) und »Neueste Gedichte« (1870) zusammen. »Letzte Gedichte« (1895) aus dem Nachlaß vervollständigen diese Sammlung.
278 Seiten, 13.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro