An die Nymphe der Heilquelle zu Baden bei der Ankunft unsers geliebten Landesherrn

[184] Die du aus der Erde warmen

Adern, Kraft und Leben saugst

Und mit segnendem Erbarmen

Heilung in die Glieder hauchst,


Nymphe! Alle deine Gäste

Lasse fröhlich bei dir sein,

Schmücke selbst dich fromm zum Feste,

Denn der Herr geht zu dir ein.


Deine Berge, deine Auen

Lasse schimmern frisch belaubt,

Denn es will sich dir vertrauen

Dieses Landes teures Haupt,


Weihe deines Hauses Schwelle

Mit der heil'gen Freude Tau,

Daß er sich in deiner Welle

Göttlich neu verjünget schau,


Sag' ihm: »Du, dem jeder Busen

Fromm in treuer Liebe brennt,[184]

Den der keusche Mund der Musen

Mit des Ruhmes Namen nennt,


Gönne Deinem milden Herzen

Hier der Ruhe lieben Wahn,

Und Dir werden Sorg und Schmerzen,

Wie die Herzen untertan,


Nimm von mir das Heil zurücke,

Das Dein Geist dem Lande gab,

Scheide dann mit heiterm Blicke,

Gieb mir nichts, als Deinen Stab.


Deines Stammes Eiche dringet

Über meinem Haus herauf,

Finde Heil, wo Heil entspringet,

Heil Dir, Heil Dir, sprudl' ich auf.«


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 184-185.
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