|
[470] Ein Maler und ein Musikus,
So Wand an Wand, das gibt Verdruß.
Besonders wird das Saitenspiel
Dem Nebenmenschen oft zuviel.[470]
Schon hat der Maler, sehr verdrossen,
Sich die Ohren zugeschlossen.
Doch so ein rechtes Flageolett
Dringt durch. – Der Maler kriecht ins Bett.
Jetzt kommt vermittelst einer Pfeife
Des Malers Racheplan zur Reife.
[471] Das Wasser rinnt ins Instrument;
Der Musikus schreit Zapperment!
Er kommt, von Rachedurst durchdrungen,
Ins Atelier hereingesprungen;
[472] Und packt – ritsch, ratsch! mit kühner Hand
Den Maler durch die Leinewand.
Nun geht es los! – Der Pudel naht
Und mischt sich in das Attentat.
Der Musikus kämpft unverdrossen
Und wird mit Sikkativ begossen. –
[473]
Am Ende läßt man ab vom Streite;
Der Pudel freut sich seiner Beute.
Verruiniert stehn beide da. –
Das tatest du, Frau Musika!
[474]
Buchempfehlung
Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«
74 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro