Sehnsucht nach Ruhe

[14] Herr! Deine Magd ist müde;

O, nimm sie ein zur Ruh'!

Hienieden ist kein Friede;

Herr Jesu! rufe Du.


Ich habe kein Gefallen

An Tand und eitlem Scherz,

Muß still und einsam wallen,

Kein Herz für dieses Herz.


Viel hat es wohl gelitten –

Ach, Herr! noch mehr gefehlt –

Manch heißen Kampf gestritten,

Die Wunden still verhehlt.


Das kann nun hier nichts halten,

Kein Glück, kein goldner Schein;

Es sucht bis zum Erkalten,

Herr Jesu! Dich allein.
[15]

Sein Schatz ist nicht hienieden,

Drum kann es hier nicht ruhn.

So nimm es ein zum Frieden –

O ja! Du wirst es thun.


Und wenn in treuem Sehnen

Dies arme Herz nun bricht,

Und wenn in heißen Thränen

Erlischt der Augen Licht:


Dann neigst Du Dich herüber,

Dann hab' ich abgebüßt,

Dann nimmst du mich hinüber,

Wo Heil und Gnade ist.


Herbst 1815.


Quelle:
Louise Hensel: Lieder. Paderborn 41879, S. 14-16.
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Lieder (Ausgabe von 1879)
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