Rosa mystica

[237] Blumenfürstin, Rose, milde

Streue deine reinsten Düfte

Vor dem gnadenreichen Bilde

Deiner Herrin in die Lüfte!


Dich, den Stolz und Schmuck des Lenzen,

Aller Erdenblumen Krone,

Schling' ich heut zu duft'gen Kränzen

Vor der Jungfrau goldnem Throne. –


O Maria! aller Frauen,

Aller Jungfrau'n einzig Reine,

Rosa mystica! woll'st schauen

Auf die Thränen, die ich weine.
[238]

Kann ich heut nicht froh Dich grüßen,

Von so scharfem Dorn verwundet,

Will ich doch zu Deinen Füßen

Weinen, bis mein Herz gesundet.


Bis von Deinen Händen milde

Linder Balsam niederthauet

Und Dein Kind zu Deinem Bilde

Fromm getröstet aufwärts schauet.


Hier schon hast Du Dein Erbarmen

Reichlich jeder Noth ertheilet,

Hast geholfen vielen Armen,

Manch gebrochnes Herz geheilet. –


Rosen, die ich hergetragen

Und zum vollen Kranz gebunden,

Wollet eurer Herrin sagen,

Wie so tief der Seele Wunden.

Quelle:
Louise Hensel: Lieder. Paderborn 41879, S. 237-239.
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Lieder (Ausgabe von 1879)
Lieder: Ausgabe von 1879
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