Er durchhechelt auch die Weibrichins

[77] Qwodlibet.


Amor/ du verflixter Bube/

kömbstu mir schon auff die Stube/

sälbst wenn ich beym Ocksen bin?

Marsch! Ich kann dich itzt nicht bräuchen/

scheer dich draussen zu den Sträuchen/

oder auch zu Fillis hin!

Ihren Sizz vollkommner Lüste/

ihre Wunder-volle Brüste

lege einem Andren bey;

mag sie schmollen oder lachen/

oder auch mir Hörner machen –

dihses ist mir einerley![78]


Erst so sehn die Mäntscher auß/

alß ob von dem sälben Dauß

mindestens die Grazien stammen;

bald so märckt man sie fast rund/

sind sie würcklich so gesund?

Spähter werden sie dan Ammen.

Das Bürtzel-Spihl auff Stoß und Stich

verstehn sie fast zu dapfferlich!


Flammaris mit fünfzehn Jahren

dhut noch zihmlich unerfahren/

doch schon ist das süsse Wesen

in Romainen höchst belesen/

und schon offt hat ihr getraumt/

daß sie wem waß eyn-geraumt!


Siebzehn-jähricht

Stichel-hähricht!

Kükkt man solcher auff das Mihder/

schlägt sie nicht die Augen nihder!

Mädrichins kan ich blohß leiden

wohl-gesittet und bescheiden/

Dörtgen/ das nach jedem schuhlt/

scheint mir drümb schon abgebuhlt!


Bambrette wird mir schon zu breit/

sie stammt noch auß der Schweden-Zeit;[79]

drümb legt sie auch so ohnverdrossen

sich Frosch-Laich auff die Sommer-Sprossen.

Für ihren auß-gestopfften Busen

verhüllen schaudrend sich die Musen;

der Himmel schänck ihr einen Mann/

ihr kommen sonst die Schaben dran!


Barbettgen ist sogar schon bartig/

wenn man sie küsst/ so wird man schartig/

auß ihrer Elen-langen Nase

droppts wie auß einer Wasser-Blase.

Ihr Maul von angenehmer Bläue

gleicht mehr schon einer Vogel-Schäue;

darbey so kan sie kaum noch buhsten/

sie blagt ein heischrer Krüchel-Husten.

Ein Andrer suche ihr nach ihr Flöhen

auff den belihbten Busen-Höhen/

mein Hertz erzittert schon und bebt/

sorbald sich blohß ihr Dünn-Tuch hebt!


Dringen ist for mir zu simpel.

Ich gläube gar/ sie küsst blohß Gimpel.

Man siht es ihr nicht an vom Weitem/

doch hat sie schöne Einzelheiten.

Ich so gäb sie jeden Falls

for ein Qwäntgen Attisch Saltz;

blohß zu Fleisch und blohß zu Bein

kan ich nicht rächt zährtlig seyn![80]


Celinde ümb ihr bißgen Waden

helt sich zu schade for die Maden.

Seit Kloridan sich ihr entrissen/

will sie von keinem mehr waß wissen.

Nur Eins kan sie von all den Nympffen/

ihr Maul biß auff den Absazz rümpffen.

Zeit fehlt mir und Bappihr/

sonst schrihb ich ihr!


Dihses scheint mir gantz gewiß/

ein Luder ist auch Lysilis!

Zwar hat sie schrökklich vihl Erfahrung/

doch fliht sie ümmer noch die Paarung.

Inssonderlich uns Dheologen

zeigt sie sich eusserst ohngewogen;

ich gläub/ sie geht auff Lug und Drug/

sie dhut mir nicht modest genug!


Floris/ dihses schlaue Biest/

fast am mehrsten mich verdriesst.

Kan schon einer von ihr sagen/

daß sie ihm waß ab-geschlagen?

Kaum so hat sie wen allein/

gönnt sie's ihm vergnügt zu seyn;

gleich so nimbt sie weich und warm/

ihn in ihren Schwahnen-Arm![81]


Mechthildgen geht auff schwehren Füßen/

sie muß ihr Freundlich-seyn itzt büßen.

Von jedem Bawian und Holuncken

lihß sie sich in die Brühe tuncken;

bey solcher zeig ich wenig Eyffer –

fy Teix/ da ligt noch frembder Geiffer!


Wo auff des Parnasses Spizzen

die geneundte Schwestern sizzen/

kan ich mir itzt kaum vergeben

mein verfluchtes Buhler-Leben!

Meine vor gemachte Lieder

sind mir gantz und gar zurwihder;

ein Knaster-Pfeiffgen/ ein Coffee

sind mir mein eintzges Recipe.

Meine annoch grüne Jugend/

gönn ich fortab blohß der Dugend;

darfor so kröhnt einst mein Gebein

ein zubespizzter Marmol-Stein!


Quelle:
Arno Holz: Dafnis. München 1904, S. 77-82.
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