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[191] Qwodlibet.
Wihder ob der Flüssgens Rükken
baut der Winter blancke Brükken/
rund ümb den Marieen-Thurm
wettert schon sein Schlossen-Sturm.
Ümb die dikk verschneyte Bohlen
zancken krächtzend sich die Dohlen
und man hört für allen Dingen/
wie die Schlitten-Glökkgens klingen.
Im rohten Fuchs-Pältz am Kamin
siht man mich itzt mein Pfeiffgen zihn/
weil man/ wenn es draussen flokkt/
gern auff seinem Stübgen hokkt.[192]
Ceres nöthigt mich zum Essen/
Bachus schänckt mir dapffer eyn/
gantz und gar bleibt ohnvergessen
Sauer-Schwartz und Hasen-Klein.
Kraußgebakknes/ Mandel-Krehm
munden mir drauff angenehm;
sälbst ein Reb-Huhn/ prikk und zahrt/
hat man mir letzt auff-gespahrt.
Gern nach solchem fätten Schmauß
spühl ich mir die Gurgel auß/
denn man muß/ trutz all däm Prassen/
auch auff sein Gesund-seyn passen!
Ein Gläßgen Marziminer
hat mich noch stäts erqwikkt/
gleich heissts ergebner Diener/
sorbald man sich erblikkt!
Süß ists/ wenn zur Veßper-Zeit/
es dan graupelt/ stihmt und schneyt/
abens spihlt man Blinde Kuh
und hört dem Öpffel-Brahten zu.
Dorillgen/ gäntzlich ohngeschnührt/
sorgt for mir/ wie sichs gebührt;
gleich so lässt sie ihren Mann/
wenn sie mir waß helffen kan.
Ümb den Haltz ein Pärlen-Kettgen/
zihrt sie mir mein Kabinettgen/[193]
daß ich hindter ihrer Schürtze
gleichsahm mir die Zeit verkürtze.
Ihre Augen/ ihre Brust/
alles lacht an ihr für Lust/
Lökkgens kikkern ihr im Nakken/
Grübgens auff den Hindter-Bakken!
Schon mit ihren blohßen Blikken
kan sie gleichsahm mich erqwikken/
sie ist for ihren alten Knoll
zu Lilien-weiß und Rohsen-voll!
Mit Knall-Konfäkkt und Bommerantzen
bestopfft er sich den dikken Pantzen;
ich gläub/ so war noch niemahls feister
kein Amsterdammer Burgermeister!
Ihn ab und zu so rächt bedrügen/
ist uns ein schaudrigtes Vergnügen.
Bundt auß Primuln und Aurikkeln
werden wir ihm Kräntzgens wikkeln/
wenn in wihder blauen Lüfften
wihder erst die Veilgens düfften.
Itzt verschnarcht er seinen Neid
in bedrogner Wachsamkeit!
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