Lied der Clio

[59] Sr. Durchlaucht dem Herzog Ferdinand von Braunschweig.


Den 12. Jenner 1771.


Als die Mutter zwoer Königinnen

Ihren Ferdinand gebar,

Wußten alle Castalinnen,

Daß ein Held geboren war.


Alle wandten gierig ihr Gesichte

Nach der Clio, welche schon

Seine künftige Geschichte,

Sang in ihrer Laute Ton.
[59]

Schwestern, sang sie, dieser unterwindet

Sich so viel als Mars zu thun,

Seiner Jahre Mittag findet

Ihn im Lorbeerschatten ruhn.


Euch gewogen, theilt Er Blumenkränze

Euren Kindern aus, und lebt

Dann noch andre funfzig Lenze,

Bis Ihn Vater Zeus erhebt.


Ewig, ewig singen Ihm die Musen

Auf der Insul Albion;

So besang der Spraeusen

Loblied den Timoleon.


Ihre Dichter tönten in die Leyer:

»Enkel singt mit uns ein Lied,

Dem Corinther, dem Befreyer,

Der jezt vom Olympus sieht.«
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Quelle:
Anna Louisa Karsch: Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach. Berlin 1792, S. 59-61.
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