Überall!

[135] Freiheit mit den schwarzen Augen,

Wachst du auf am Tiberstrande?

Freiheit mit den blauen Augen,

Schläfst du noch im deutschen Lande?

Holde trikolore Dirne,

Schürze wieder dich zum Tanze!

O du Schweizer Gletscherfirne,

Strahle neu im Morgenglanze!


Und du, schlanke Nereide,

Tauch aus deinen grünen Wogen!

Hat dich nicht dein Sklavenfriede,

Arme Hellas, arg betrogen?

War es dir auch schlecht zu Mute

Und gebrochen das Gefieder?

Weißer Aar im roten Blute,

Rausche, rausche, rausche wieder!
[135]

Hebt den Schild, ihr Schutzpatrone

Aller Völker, nun zum Streite!

Flechtet eine Myrtenkrone

Die sich über alle breite!

Streifet ab die alten Sünden,

Denn geläutert und gereinigt

Sollt ihr euch zum Feste finden,

Das nur Würdigste vereinigt!


Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 1, Berlin 1958–1961, S. 135-136.
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