123. Der gute Born.

[77] Der verjüngende Brunnen am Todtenberge bei Treis wird vom Volke der »gute Born«, auch wohl »Gesundbrunnen« genannt. Er soll alle sieben Jahre fließen und bedeutende Heilkraft besitzen, obgleich sein Wasser von dem gewöhnlichen Quellwasser nicht verschieden[77] ist. Im J. 1717 war Landgraf Karl mit mehreren Cavalieren seines Hofstaates hier, kostete von dem Wasser und vertheilte bei dieser Gelegenheit viel Geld unter die Armen. Im J. 1798 oder 1799 soll der Brunnen wieder von vielen Menschen, auch aus weiter Ferne, selbst aus Frankreich, besucht worden sein. Man erzählt von einem ganz gelähmten Manne aus Ebsdorf, welcher den Brunnen völlig geheilt verlassen und zum dankbaren Gedächtniß seine beiden Krücken an einen danebenstehenden Baum aufgehängt habe. Auch wird in Treis noch ein kleines Kapital für die Armen verwaltet, welches damals am »Gesundbrunnen« von den Badegästen gesammelt worden ist. Vor etwa zwanzig Jahren strömten wieder Kranke aus allen Gegenden nach Treis, doch ist aus dieser Zeit von auffallenden Kuren nichts bekannt1.

Mündlich.

1

Die Sage läßt den Brunnen alle sieben Jahre fließen. In der That tritt er aber nach jedem sehr nassen Winter hervor. Die medicinische Facultät in Marburg ließ ihn schon 1719 und 1764 untersuchen und in neuerer Zeit haben die Professoren Liebig und Wurzer demselben ihre Aufmerksamkeit zugewendet. Allein weder damals noch jetzt hat man besondere heilkräftige Auflösungen darin gefunden.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. LXXVII77-LXXVIII78.
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