134. Die weiße Jungfrau von der Trottenburg.

[84] Nördlich von Rotenburg liegt der Hausberg, der auf seinem Gipfel die Trümmer einer Burg, der s.g. Trottenburg, trägt. Es soll die Stammburg der Herren von Trott gewesen sein1. Eine Frau ging einst zwischen dem Gemäuer oben herum, als sie in einem Kellergewölbe eine weiße Jungfrau erblickte, die ihr freundlich winkte näher zu treten. Die Frau faßte sich ein Herz und stieg hinunter auf den Boden des Gewölbes, auf welchem viele dünngeschnittene Scheiben von gelben Rüben umherlagen. Die Jungfrau machte ihr verständlich, daß sie davon nehmen möchte, soviel sie tragen könnte. Sie raffte also ihre Schürze voll, stieg ungehindert aus dem Gewölbe und kehrte nach Hause zurück, wo sie zu ihrer unbeschreiblichen Freude fand, daß die Rübenschnitte sämmtlich in Gold verwandelt waren.

Mündlich.

1

Die Burg, welche den Landgrafen von Hessen gehörte, hieß Rothenberg und die Trotte waren Burgmannen daselbst.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. LXXXIV84-LXXXV85.
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