Eine Ecloga, oder Hirten-gespräch, darin zvveen Hirten, einer Damon, der ander Halton genant, je einer vmb den andern in die vvett spielen, vnd zu nacht Gott loben, dievveil Mon, vnd Sternen scheinen

[178] [178] Eingang.


Der Mon auff runder heyden war/

Vnd hütet seiner Sternen;

Zween Hirten jhm da spielten zwar/

Auff Harpffen/ vnd Quinternen.

Sie fuhren fort mit nichten blödt

Jhm freundlich lieb-zu-kosen/

Biß gar die schöne Morgenröth

Sich crönt mit frischen Rosen.

Der Damon/ vnd auch Halton from/

Auß süß-gedänten seiten

Zur wett sich trieben vmb/ vnd vmb/

Wers Cräntzlein möcht erstreiten/

Drauff eylends ich mich vnderstund

Es klüglich auffzufassen:

Doch alles ich nit setzen kund/

Must vil noch hinden lassen.


Der Hirt Damon hebet an.


O schöner Mon/ du bester Hirt

Auff blaw-gefarbten weyden/

Groß vortheil dir da widerfihrt/

Doch wil dich nit beneyden.

Nur sing/ v kling dem schöpffer dein/

Dem Schöpffer hoch-gepriesen;

Der dir so frey geraumet ein

So weit geründte Wiesen.


[179] Der Hirt Halton.


O schöner Mon du bester Hirt

Bey deinen besten Schaffen/

Bey deinen Sternen wolgeziert/

Wan thier/ vnd menschen schlaffen.

Auch ich wil dir nit neydig sein/

Noch tragen dir den grollen/

Wan schon die stern/ v schäfflein dein

Seind voll der gülden wollen.


Der Hirt Damon.


Nur lobe nur den Schöpffer dein/

Der dir ist wol gewogen/

Vnd dir die gülden Lä ierlein/

Er selbst hat aufferzogen.

Sie nie noch keine mütterlein/

Noch keine brüst gesogen/

Der Schöpffer nur/ nur Er allein/

Er selbst hats aufferzogen.


Der Hirt Halton.


Er spritzet ab ein kräfftigs wort

Von lind gerührter zungen/

Gleich deine Schäfflein mancher sort

In blawen felden sprungen:

Gleich kleidet ers in gülden woll

Auff rein glasierten wasen/[180]

Vnd hieß alda daß Bürßlein toll

Dir stäts ob augen grasen.


Der Hirt Damon.


Wan vnser herden dort/ vnd hie

Gar offt in wälden irren/

Die deinen noch verlauffens nie/

Noch jemahl sich verwirren:

Auch vngenanter Bösewicht

Dir nie die zahl mag schwächen:

Auch hund/ noch steckē brauchest nicht/

Mag dir ja nichts gebrechen.


Der Hirt Halton.


Ach lobe noch den schöpffer werth/

Der gütlich thät erachten/

Daß auch er deine gülden Herd

Nur weiden ließ bey nachten.

Dan weil an hirn/ vnd häupter blöd

Sie keine Sonn vertragen/

Vnzweifflich würdens all getöd

In Sonnen-liechten tagen.


Der Hirt Damon.


Ja lobe noch den Schöpffer milt/

Der fridlich sie macht grasen:

Der alle wind vnd brausen stillt/

Daß nie so kräftig blasen.[181]

Er schonet immer deiner Herd/

Beschirmets aller-wegen/

Daß nimmer sie berühret werd

Vom Wetter/ Schnee vnd Regen.


Der Hirt Halton.


Er schaffet jhn gesunde Weid/

Gesunden lufft/ vnd speisen/

Daß ledig sie von allem leid/

Die runde baan durchreisen/

Er leitets gleichsam an der schnur/

Auch selbst ist er nit ferren:

Nur lobe dan/ vnd lobe nur

So milt- vnd frommen Herren.


Der Hirt Damon.


Ja lobe noch so milten Gott/

So milt- vnd frommen Herren/

Dem freylich deine gülden Rott

Mit gülden zungen plerren.

Doch wir so ferr erhörens nicht/

Weil wir die ohren spahren;

Wer hertz/ vnd sinn hinauffen richt/

Wirds je noch wol erfahren.


Der Hirt Halton.


Die gantze gülden Schäfferey

Stäts jhm bas lob verkündet:[182]

Stäts preisen jhn mit stillem schrey

Die Sternen glatt geründet.

Still ruffen sie die gantze nacht:

Er vvarlich, Er vnfehlber,

Er, Er allein hat vns gemacht,

Vnd vvir vns ja nit selber.


Der Hirt Damon.


O Mon/ du frommer Sternen-hirt/

Vns lasset beyd zusammen/

Alweil die Sonn gewecket wirdt/

Erheben Gottes namen/

Vns laßt mit süssem jubel-schrey

Den Schöpffer hoch verehren:

Laßt jhn von hertzen preisen frey;

Der tag wil wider-kehren.


Der Hirt Halton.


Die Morgenröth schon wachet gar/

Wil schon die Nacht verleiten/

Schon flechtets jhre purpur-haar/

Vnd wil den Tag bereiten.

Vns laßt noch preisen allezeit

Den Schöpffer groß von machten/

Laßt feyren jhm in fröligkeit/

Zu Morgen/ wie zu Nachten.

Quelle:
Friedrich Spee: Trutznachtigall, Halle a.d.S. 1936, S. 178-183.
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