Psal. 131. Domine non est

[677] Ein lere, Daß wir alleyn auff Gottes wort sehen, seiner hülff gewarten, nit auff eygne frommkeyt bawen sollen.


1.

Herr, wenn mein hertz recht vberdenckt

mein ellend sündtlich leben

Darinn ich gantz vnd gar versenckt,

kan ich mich nicht erheben,

Ich ker mein augen zu der erd,

es ist mit all meim thun nichts werdt,

muß an mir selbst verzagen.


2.

Da ich gedacht an meine macht

vnd rümpt mich grosser gaben

Vnd all mein gute werck betracht,

ward mein gemüt erhaben,

Doch bleib mein hertz in zweifel stan

vnd kundt sich nicht auff dich verlan,

für angst wards gar zerschlagen.


3.

Dann da ich meine seel nicht setzt

auff deine gnad zu gründen,

Da wards mit vnruw gar verletzt,

erschreckt für straff der sünden,

Da ward ich wie ein kind entwehnt,

das sich nach seiner mutter sehnt

vnd leßt sich niemandt schweygen.


4.

Drumb rath ich, daß sich Israel

auff Gott alleyn verlassen,

Gar reichlich Er vns helffen wil,

sein handt ist nicht geschlossen,

Sein güt, gnad vnd barmhertzigkeyt

wert von vnd biß zu Ewigkeyt,

wil Er vns alln erzeygen.


5.

Lob dem Vatter in Ewigkeyt,

der himl vnd erd gegründet,

Mit Sonn, Mon, Stern den himel kleydt,

seinn willn vns hat verkündet

Durch Christum seinen Son auff erdt,

daran durch seinen geyst so werdt

vns Ewig wöll erhalten.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 677.
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