Psalm. 141. Domine clamaui

[677] Ein Gebetpsalm, Daß Gott bei seinem reynen Wort vnd dienst erhalten, der falschen lehr, vnd Tyrannen wehren wölle.


1.

Herr, wenn ich rüff, erhör mein stimm,

mit hülff wöllst dich herfügen!

Mein flehlich bitt, O HERR, vernimm,

mein gbet vor dir müß tügen[677]

Wie ein rawch opffer frü vnd spat,

welchs stracks hinauff gen himel gath,

da zu mein hend auffheben.


2.

Bewar mein mund, mein hertz vnd sinn

vor der Gottlosen lere,

Daß ich zu jn nicht fall dahin,

mich zu jr boßheyt kere,

Nicht mit den vbelthätern eß

vnd deines Worts dabei vergeß,

schendtlich nur jn zu leben.


3.

Wann mich der grecht hie freuntlich strafft,

das würt mich baß erfrewen

Dann der thewr edle Balsam safft,

dann ich mich stedts muß schewen

Daß mir der Gottloß je nicht schad

mit seiner bösen that vnd rath,

da für ich jmmer bette.


4.

Gib, daß jr lehr gestürtzet werd,

vnd jren halß müß brechen

Vom fels oben herab zur erd,

jr hoffart wöllstu rechen,

Daß jedermann erkenn darbei,

daß mein lehr lieblich, freuntlich sei,

die seel vom tod errette.


5.

Werden wir drumb zerstrewet hie,

zerwület vnd zerrissen,

So hastu dennoch acht auff die

die deins Worts sind geflissen,

Vnd wer auff deine gnad vertrawt,

gar fest auff dein verheyssung bawt,

den wirstu nicht verstossen.


6.

Bewar mich vor der bösen strick,

vor der Gottlosen fallen,

Laß in jr netz im augenblick

all mit einander fallen:

Ich aber mög fürüber gehn,

an deiner lehr vnd wort bestehn,

von dir nit werd verlassen.


7.

So wil ich dir ein freuden lied

für alle wolthat singen,

Wann mich dein handt vor jn behüt,

daß sie mich nit bezwingen,

Vnd mich durch deiner gnaden trost

von allem vnfal hast erlost,

wil mich dein Ewig frewen.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 677-678.
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