Dampfstrahlrührgebläse

[622] Dampfstrahlrührgebläse, Vorrichtungen zum Mischen von Flüssigkeiten miteinander oder mit festen Bestandteilen. Die Wirkungsweise desselben ist die, daß mit Hilfe eines Dampfstrahles Luft angesaugt wird, die durch mit einer Anzahl von Löchern versehene Verteilungsrohre von unten in die betreffende Flüssigkeit eindringt. Die aufzeigende Luft setzt nun die Flüssigkeitsmenge und darin etwa enthaltene feste oder flüssige Stoffe von anderm spezifischen Gewicht von unten her in kräftige Bewegung und bewirkt die Mischung der Stoffe in so kurzer Frist und so innig, wie dies mit Hilfe der schwerfälligen mechanischen Rührwerke vollkommen unmöglich ist.

Die Vorteile der Rührgebläse, insbesondere gegenüber den mechanischen Rührwerken, lassen sich in folgendem zusammenfassen: Sie sind die einfachsten und billigsten Rührvorrichtungen.[622] Es wird zwischen den lösenden und aufzulösenden Stoffen die innigste Mischung herbeigeführt. Sie haben keine sich bewegenden Teile und nutzen sich daher in keiner Weise ab. Sie können an jeder beliebigen Stelle aufgestellt werden und bedürfen zum Betriebe nur einer dünnen Dampfleitung. Sie erfordern keinerlei Wartung oder Aufsicht und werden einfach durch Oeffnen des Dampfventils in Betrieb gesetzt. Eine Regelung der Stärke der Rührbewegung geschieht durch mehr oder minder weites Oeffnen des Dampfventils. Der Betrieb ist ein höchst sparsamer, namentlich auch im Vergleich zu den Kosten des Rührens durch Arbeiter. Das auf dem Boden des Bottichs liegende Luftrohr erfordert nur sehr wenig Platz und erschwert die Reinigung des Bottichs in keiner Weise. – Die Rührgebläse haben wegen dieser großen Vorzüge vielseitige Verwendung gefunden, z.B. bei einer Reihe der besten Verfahren zur Beseitigung des Kesselsteins aus dem Speisewasser (de Haën, Bohlig, Hanarte, Möller, Eisenbüttel u. dergl.), ferner zum Auflösen von Rohrzucker, zum Mischen der Melasse mit Wasser in den Spritfabriken, zum Neutralisieren des Sirups (Abstumpfen), z.B. in Stärkezuckerfabriken, zum Aufrühren des Kalkes in den Aeschern (Seifenfabriken, Lohgerbereien), zum Auflösen von Chlor, China-clay und zum Rühren in den Stoffbütten in Papierfabriken u. dergl. In vielen Fällen, z.B. bei den obenbeschriebenen Wasserreinigungsverfahren, ist es erwünscht, Luft besonderer Beschaffenheit, wie kohlensäurehaltige Luft der Schornsteine oder aus Koksöfen, der zu rührenden Flüssigkeit zuzuführen; in diesen Fällen verwendet man Rührgebläse mit Mantel. Damit man hierbei in der Lage ist, unter Umständen auch einmal gewöhnliche Luft anzufangen, ist ein Drehschieber angebracht, der nach Bedarf die Stutzen für die Gase oder für die Luft öffnet und schließt. Auf Wunsch kann das Gebläse auch gleichzeitig ein Gemisch von Gasen und Luft einsaugen.

Das Gebläse (Fig. 1) muß so hoch angebracht sein, daß sich die Ansaugöffnungen zum minderten 20 cm oberhalb des Flüssigkeitsstandes des Gefäßes befinden, um bei abgestelltem Gebläse ein Auslaufen der Flüssigkeit durch die Saugöffnungen zu verhindern. Die normalen Gebläse überwinden einen Gegendruck von ca. 3 m Wassersäule. Die Luftröhren werden am zweckmäßigsten mit 10 mm weiten, schräg nach unten gerichteten Löchern versehen (s. Fig. 2), deren Gesamtquerschnitt gleich dem doppelten Querschnitt der für die einzelnen Gebläse angegebenen Luftrohre ist. Um eine gleichmäßige Rührung zu erzielen, ist es notwendig, bei breiteren Gefäßen mehrere Rührrohrstränge nebeneinander zu legen. Als Regel kann man annehmen, daß bei 70 cm Breite des Gefäßes ein Rührrohr genügt, und daß bei größerer Breite auf je 50 cm Breite ein Rohr kommt. Bei solcher Gabelung der Rührrohre muß der Gesamtquerschnitt derselben mindestens gleich dem des Luftrohres sein. Mitunter ist der Einbau schräger Bretter, wie in Fig. 3 dargestellt, behufs besserer Aufrührung sich fest ablagernder Stoffe erwünscht. Bei runden Gefäßen können runde Rohranordnungen Verwendung finden. Die Aufstellung eines solchen Dampfstrahlrührgebläses zum Betriebe von Aeschern in Lohgerbereien ist in Fig. 4 dargestellt, die gleichfalls eine Ausführung der Firma Gebr. Körting, Aktiengesellschaft in Hannover, wiedergibt. Hierbei ist eine Anzahl von durchlöcherten Rohren am Boden eines Aeschers verlegt[623] und mit einem über der Grube aufgeteilten Rührgebläse in Verbindung – durch das letztere wird die Luft angesaugt und durch die Rohre getrieben, so daß ein energisches Aufrühren der Kalkmilch am Boden des Aeschers erfolgt. Die Saugrohre der Apparate mit Mantel sind so weit zu nehmen wie die Luftrohre. Die Dimensionen einiger Ausführungen der Firma Gebr. Körting, Aktiengesellschaft in Hannover, sind aus nachstehender Tabelle zu ersehen.


Dampfstrahlrührgebläse

Eine indirekte Anwendung findet das Dampfstrahlrührgebläse dann, wenn zwar durch den Dampfstrahlapparat das Saugen stattfinden soll, aber der Dampf nicht mit der aufzurührenden Flüssigkeit in Berührung kommen darf. In diesem Falle geschieht das Aufrühren nur durch die einströmende Luft. Einen solchen Apparat zum Bleichen von Palmöl nach Ausführung der vorgenannten Firma zeigt Fig. 5. Derselbe besteht aus einem eisernen, luftdicht verschließbaren Gefäße, an dessen oberem Teil ein Dampfstrahlluftsaugapparat C angebracht ist. In dem Gefäß befindet sich eine kupferne Heizschlange K sowie ein ringförmiges, mit kleinen Löchern versehenes Luftverteilungsrohr, welch letzteres mit einem außerhalb des Gefäßes angebrachten, bis über den Oelstand hinausragenden Luftzuführungsrohr E in Verbindung steht. Das Palmöl wird, nachdem es in einem beliebig andern Gefäße flüssig gemacht ist, in das Gefäß gebracht und sodann der Saugstrahlapparat eingelassen. Die hierdurch aus dem Ringrohr am Boden des Gefäßes ausströmende Luft rührt das Oel lebhaft auf, wodurch eine innige Mischung mit den Farbstoffteilchen des Oeles und daher eine Oxydation derselben durch den Sauerstoff der Luft bewirkt wird. Vgl. a. die Kataloge von Gebr. Körting.

v. Ihering.

Fig. 1., Fig. 4.
Fig. 1., Fig. 4.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 5.
Fig. 5.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 622-624.
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