Eau de Javelle, Eau de Labarraque

[203] Eau de Javelle, Eau de Labarraque, ursprünglich Präparate, die durch Einleiten von Chlor in Pottasche- bezw. Sodalösungen erhalten wurden und wegen ihres Gehaltes an unter chloriger Säure und deren Alkalisalzen als kräftige Bleichmittel Verwendung fanden.

Die erste Bleichflüssigkeit wurde seit 1792 in Javelle bei Paris aus Pottasche bereitet und als Eau de Javelle in den Handel gebracht. Das entsprechende Natronpräparat, 1820 von Labarraque angegeben, führte zuerst den Namen Eau de Labarraque und verdrängte alsbald das teurere Kalipräparat. Man stellt die Bleichflüssigkeiten dar durch Einleiten von Chlor in die kalten 10prozentigen Lösungen von Aetzkali bezw. Aetznatron oder von Pottasche bezw. Soda. In dem Moment, wo die Lösungen der Karbonate aufbrausen und energisch bleichende Wirkung gegenüber Lackmus zeigen, enthalten sie Chloralkali, Alkalibikarbonat und unterchlorige Säure. Bei weiterem Einleiten von Chlor wird auch das Bikarbonat unter Bildung von Chloralkali, Kohlensäure und unterchloriger Säure zerlegt. Noch einfacher gelangt man zu Lösungen der unterchlorigsauren Alkalien durch Wechselzersetzung von Chlorkalk und Alkalikarbonat. So erhält man eine wesentlich unterchlorigsaures Natron und Chlornatrium enthaltende Lösung dadurch, daß man 20 Teile Chlorkalk (von 28–30%) mit 100 Teilen Wasser anreibt, die Lösung von 25 Teilen kristallisierter Soda in 500 Teilen hinzusetzt und die Flüssigkeit vom ausgeschiedenen kohlensauren Kalk und Aetzkalk durch Dekantieren oder Filtrieren trennt. – Heutzutage dient das einen chlorartigen Geruch besitzende Eau de Javelle noch an Stelle von Chlorkalklösung, vor der es den Vorteil hat, keine Niederschläge von Gips oder kohlensaurem Kalk zu bilden, zum Bleichen im Haushalt sowie in gewissen Fällen in Bleichereien, wo eine vorsichtige Behandlung der Ware besonders geboten ist, z.B. zum Bleichen der Jute.

R. Möhlau.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 203.
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