Eisbrecher [2]

[261] Eisbrecher oder Eisbrechdampfer, stark gebaute Schraubendampfer mit kräftigen Maschinen und eigenartigen Schiffsformen, die dazu bestimmt sind, entweder die im Frühjahr gefährlich werdenden Eisversetzungen und dichten Eisstopfungen in den unteren Läufen der Flüsse zu beseitigen [1], [5] oder auch die an den Flußmündungen gelegenen Häfen für die Winterschiffahrt offenzuhalten [2].

Im allgemeinen baut man die Eisbrechdampfer mit einem löffelförmigen Bug, um dem Schiffsrumpf zu ermöglichen, beim Eisbrechen, falls die Eisdecke nicht vom Steven durchschnitten werden sollte, auf die Eisdecke aufzulaufen und dieselbe mit Hilfe des Gewichts des Schiffskörpers und durch den Stoß des vorwärtsgetriebenen Schiffes zu durchbrechen [3]. Panzerschiffe mit Rammbug haben öfters die Eisdecke mit dem Sporn durch Heben derselben von unten gebrochen, doch ist der Rammbug für Eisbrecher bisher nicht zur Anwendung gekommen.[261]

Da der Eisbrecher oft zu neuem Anlauf rückwärts laufen muß, so erhält neuerdings auch das Heck ausfallende Form, um das Eis beim Rückwärtsgang zur Seite zu drücken. Die Erfolge, welche die nordamerikanischen Fährdampfer mit Schrauben im Bug und Heck im Eisbrechen erzielten, führten 1888 dazu, einen Eisbrechdampfer zu erbauen mit je einer Schraube nebst Antriebsmaschine im Heck und Bug, namentlich um schweres Packeis zu durchbrechen. Während die hintere Schraube durch Vorwärtsgang ständig den Schiffsrumpf gegen das Packeis drückt, arbeitet die vordere Schraube zunächst rückwärts, um einen Wasserstrom in das Packeis zu treiben und auf diese Weise die Eisblöcke zu lösen, dann vorwärts, um die gelösten Schollen nach hinten zu treiben, die Eisdecke zu schwächen sowie die Eisschollen vom Schiffboden freizumachen. Nach diesen Grundsätzen konstruierte der russische Vizeadmiral Makaroff den Eisbrechdampfer »Ermack« mit einer Maschinenkraft von 10000 PSi, um im Winter die Schiffahrt von St. Petersburg offenzuhalten und im Sommer auf den großen Flüssen Sibiriens Eis zu brechen. Der »Ermack« besitzt im Heck drei Schrauben, im Bug eine Schraube. Die Propeller haben durchweg vier Flügel von Nickelstahl, die ohne Schaden zu nehmen gegen massives Eis arbeiten können. Bei einer Eisdecke von 45 cm Dicke lief der »Ermack« mit 61/2 Knoten Geschwindigkeit in den Hafen von Kronstadt; auf See hat derselbe Eisfelder von 1,5 m Dicke und 2,7 m hoher Packung darauf gebrochen [4].

Von besonderer Bedeutung für die Eisbrechdampfer ist eine günstige Steuerfähigkeit, damit sie in der aufgebrochenen Fahrrinne kurze Wendungen machen können. Der Schiffsrumpf ist besonders stark zu bauen, die Spanten sind namentlich im Vorschiff dichter anzuordnen, die Außenhautplatten sind in der Wasserlinie gedoppelt und auf den Steven in Sponnungen beteiligt. Auch ist durch eine möglichst große Anzahl wasserdichter Schotte die Sicherheit des Schiffes bei eintretenden Leckagen zu erhöhen. Die Räume sind mit Dampfheizung versehen, und auf der Brücke ist meist ein elektrischer Scheinwerfer zur Beleuchtung des Vorfeldes aufgestellt [5].


Literatur: Goerz, M., und Buchheister, M., Das Eisbrechwesen im Deutschen Reich, Berlin 1900. – [2] Steamers for Winter Navigation, Engineering 1900, I, S. 203. – [3] Der Eisbrecher »Haidamak«, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingen. 1900, S. 589. – [4] The Icebreaking Steamer »Ermack«, Engineering 1899, I, S. 412. – [5] Steinhaus, C.F., Abhandlungen aus dem Gebiet des gesamten Schiffbaus, Hamburg 1888 und 1899.

T. Schwarz.

Eisbrecher »Ermack«.
Eisbrecher »Ermack«.
Eisbrecher »Berlin«.
Eisbrecher »Berlin«.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 261-262.
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