Elementarbewegung

[428] Elementarbewegung, die im Zeitelement dt erfolgende Bewegung eines Punktsystems.

Ist dasselbe ein ebenes, sich in der Ebene bewegendes, unveränderliches System, so besteht die Elementarbewegung in einer unendlich kleinen Rotation um einen bestimmten Punkt Γ des Systems von bestimmter Lage C in der Ebene, das Momentanzentrum (Momentanpol) (s.d.). Ist d∂ die unendlich kleine Amplitude dieser Rotation, so ist ω = d∂/dt die Winkelgeschwindigkeit derselben. Alle Punkte des Systems beschreiben im Zeitelemente d t Bogenelemente als Kreisbogenelemente um Γ und ist v = rω die Geschwindigkeit der Systempunkte im Abstande r von Γ. Die Normalen der Bahnen der Systempunkte gehen daher alle durch das der betreffenden Lage des Systems entsprechende Momentanzentrum hindurch. Rückt das Momentanzentrum ins Unendliche, so geht die Rotation in eine Translation über, und alle Systempunkte beschreiben parallele und gleiche Bogenelemente, und besitzen dieselben alle gleiche Geschwindigkeit. Bewegt sich ein unveränderliches räumliches System parallel einer Ebene, so haben alle Schnitte desselben parallel dieser Ebene Bewegungen der eben bezeichneten Art, und alle Momentanzentren desselben liegen auf einer Momentanachse senkrecht zu der Ebene. Bewegt sich ein unveränderliches räumliches System um einen festen Punkt O, so ist die Elementarbewegung desselben eine Rotation um eine durch diesen Punkt hindurchgehende Achse γ des Systems in bestimmter Lage c im Räume. Alle Systempunkte beschreiben ihre Bogenelemente als Kreisbogenelemente mit Radien gleich ihren Abständen von γ, und wenn wieder d ∂ die Elementardrehung ist, so sind die Geschwindigkeiten der Systempunkte im Abstande r von dieser Achse v = rd∂/dt = rω. Diese Bogenelemente sind senkrecht zu den Ebenen, die durch die Achse γ und die Systempunkte gehen, d.h. die Normalebenen der Bahnen der Systempunkte schneiden sich alle in der der Lage des Systems entsprechenden Momentanachse.

Bei der allgemeinsten Bewegung eines unveränderlichen räumlichen Systems ist die Elementarbewegung eine unendlich kleine Schrauben- oder Windungsbewegung, d.h. sie besteht aus einer elementaren Rotation d∂ um eine Achse γ in Verbindung mit einer elementaren Translation parallel γ. Die Winkelgeschwindigkeit ω der Rotation ist ω = d∂/dt und die Geschwindigkeit der Translation v0 = dτ/dt. In der Entfernung r von der Achse besitzen die Systempunkte eine Geschwindigkeit rω, herrührend von der Rotation, und senkrecht zu den Ebenen, die sie mit y verbinden, proportional dem Abstande r und eine zu dieser senkrechte gemeinsame Geschwindigkeit v0 = dτ/dt. Ihre Geschwindigkeiten v sind daher die Resultanten aus beiden, nämlich v = (r2w2 + v02)1/2 (s. die Figur). Die Systempunkte beschreiben ihre Bogenelemente als Elemente von Schraubenlinien um die Achse γ, und die Neigung i ihrer Geschwindigkeit gegen die Richtung der Achse ist gegeben durch tang i = (w/v0)r, und der Winkel i nähert sich mit wachsendem Abstand i immer mehr einem rechten Winkel. Den Quotienten der Translationsgeschwindigkeit v0 durch die Winkelgeschwindigkeit ω der Elementarbewegung, nämlich die Größe p = v0/ω, nennt man den Parameter derselben.

Ueber die Elementarbewegung unveränderlicher Systeme vgl. Schell, Theorie der Bewegung und der Kräfte, Leipzig 187980, 2. Aufl., Bd. 1, S. 221, 260 und 285.

(Schell) Finsterwalder.

Elementarbewegung
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 428.
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