Garn [1]

[258] Garn, in der Spinnerei das Erzeugnis der Spinnmaschine irgend welchen Systems. Es entlieht dasselbe durch Drehung einer Anzahl parallel gelegter Fasern um ihre gemeinschaftliche Achse (vgl. z.B. Spinnmaschinen bei Baumwollspinnerei). – Die Unterbegriffe: Kettengarn, Schußgarn, Stickgarn, Strickgarn, Geschirrgarn, Eisengarn beziehen lieh auf die Verwendung des gesponnenen Fadens als Kette oder Schuß für Gewebe, Faden zum Sticken, zum Stricken, zur Herstellung von Weberflügeln (Geschirre), von Harken Nähfaden, und muß der Faden für jeden dieser Zwecke bestimmte Eigenschaften aufweisen, die sich namentlich auf die Anzahl Drehungen pro Längeneinheit – den »Zwirn« oder Draht – ([1], S. 300), beziehen, dann aber auch auf die Qualität des verwendeten Rohmaterials.

Die nähere Feinheitsbestimmung des Garnes oder Gespinstfadens gibt die »Nummer« ([1], S. 307, [2], S. 189), desselben an, die sagt, wieviel Längeneinheiten (»Schneller« oder »Zahlen«, in Hanks oder Metern) auf die Gewichtseinheit (Pfund, Kilo) des Landesmaßes gehen, dem das betreffende Numerierungssystem angehört. Alles Garn, das zur Weiterverarbeitung nicht direkt vom Cops der Spinnmaschine abgewunden wird, muß gehaspelt werden, sofern es nicht auf dem Cops selbst gebleicht oder gefärbt wird, wie dies seit einem Jahrzehnt mit Erfolg geschieht. Auf der »Haspel« ([2], S. 44, [3]) wird z.B. bei englischem Maß eine Länge von 1 Hank = 840 Yards in 7 × 80 Umdrehungen à 11/2 Yards gehaspelt. Das Ganze ist ein Strang (Strähn), der in obige 7 Teile, sogenannte »Gebinde«, unterbunden wird (s. Bd. 2, S. 619). Eine Anzahl solcher Stränge werden, nachdem sie gezopft sind, durch die »Packpresse« in ein »Bündel« oder »Paket« gepreßt, um so versendet zu werden (s. Packpresse und [3], S. 544). Fitze (Fitzband) ist das Band (der Faden), mit dem ein Stück Garn auf dem Haspel in kleinere Bünde gebunden wird. Die »Nummer« des Garns läßt sich an einer besonders konstruierten, mit Skala versehenen Wage, der »Garnwage«, wenn ein Strang aufgelegt wird, direkt ablesen. – Garnfäden (twist) ist von Zwirnfaden (thread) wohl zu unterscheiden. Ersterer ist der von der Spinnmaschine aus den Fasern des Rohmaterials gesponnene Faden; letzterer entsteht durch Zusammen drehen, »Zwirnen« zweier oder mehrerer gesponnenen Fäden zu einem neuen, stärkeren, dem »Zwirn« (s. Zwirn). Vgl. Garnprüfung.


Literatur: [1] Hülße, Technik der Baumwollspinnerei, Stuttgart 1863. – [2] Karmarsch-Fischer, Handbuch der mechan. Technologie, 6. Aufl., Leipzig 1892. – [3] Johannsen-Nieß, Handbuch der Baumwollspinnerei, Leipzig 1902, S. 534 ff.

Boßhard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 258.
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