Jagdgewehre [2]

[391] Jagdgewehre. – 1. Schrotflinten. In den letzten Jahren hat man das Prinzip der Selbstladepistolen auch auf die Jagdgewehre übertragen, indem man den Druck der Pulvergase zur Ausführung der Spanngriffe und Ladegriffe verwertete. So entstand zunächst die automatische Schrotflinte, System Browning. Sie hat beweglichen Lauf und starre Verschlußverriegelung. Die Entriegelung des Verschlusses findet erst statt, nachdem die Schrotladung den Lauf verlassen hat und jede Gasspannung verschwunden ist. Infolgedessen ist jede Gefährdung des Schützen durch Pulvergase ausgeschlossen. Die äußere Form der Browningflinte zeigt Fig. 1, den Durchschnitt des Schlosses Fig. 2. Zuerst kam die Browningflinte nur in Kal. 12 in den Handel, zeigte aber noch verschiedene Mängel, die inzwischen beseitigt worden sind. Die neue Browningflinte Kai. 16 entspricht allen Anforderungen in bezug auf regelmäßiges Arbeiten aller Teile und Schußleistung. Sie hat deshalb eine außerordentlich starke Verbreitung gefunden. – Die Lauflänge beträgt gewöhnlich ca. 64 cm, doch werden auch 70 cm lange Läufe in verschiedenen Bohrungen (Zylinder- oder Würgebohrung) geliefert. Gewicht: 3,228 kg bei Kai. 16, während die Browning Kai. 12 etwa 3/4 Pfund schwerer ist. Die Schußleistung entspricht trotz der kurzen Läufe der einer guten Doppelflinte.

2. Büchsen. Die mit der Browningflinte erzielten Erfolge veranlaßten die Fabrique nationale d'armes de guerre in Herstal bei Lüttich, auch eine Selbstladebüchse Browning in den Handel zu bringen. Sie besitzt einen verriegelten Verschluß und beweglichen Lauf. Dieser befindet sich in einem Mantelrohr, auf dem Korn und Visier angebracht sind. Die Pulvergase besorgen alle notwendigen Spann- und Ladegriffe; der Schütze hat also weiter nichts zu tun, als zu zielen und am Abzug zu drücken. Kaliber: 9 mm (amerikanisch Kai. 35); Gewicht mit leerem Magazin: 3,750 kg; die Pulverladung gibt dem 12,90 g schweren Geschoß eine Anfangsgeschwindigkeit von 663 m/Sek. Auf 25 m durchschlägt das Geschoß eine Stahlplatte von 31/2 mm und 109 mm Tannenholz. Die äußere Form der Selbstladebüchse »Browning« zeigt Fig. 3, den Durchschnitt des Schlosses Fig. 4, die Form der Patrone Fig. 5. Die Patronen sind zu je 5 Stück auf einem Ladestreifen vereint.

3. Laufmaterial. In neuerer Zeit hat sich ein rostsicherer Spezialstahl »Poldi-Anticorro« gut bewährt. Er setzt dem Nachrosten des Laufinnern beim Gebrauch von rauchlosen Pulvern zähen Widerstand entgegen, wie eingehende Versuche bewiesen haben.[391]

4. Treibmittel. Das alte Schwarzpulver ist in den letzten Jahren durch die rauchschwachen Treibmittel fast ganz verdrängt worden. Diese kommen entweder lose in Kornform in den Handel und können dann mit dem Schöpfmaß geladen werden wie das Schwarzpulver, oder sie werden nur in fertig geladenen Patronen verkauft und haben dann meistens Blättchenform. Die Auswahl in rauchschwachen Treibmitteln (besonders in solchen für Schrotgewehre) ist heute schon so groß, daß jeder Anspruch und jeder Geschmack befriedigt werden kann. Voraussichtlich wird sich in den nächsten Jahren die Anzahl der Treibmittel noch vermehren.

R.W. Queisner.

Fig. 1.
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Fig. 2.
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Fig. 3.
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Fig. 4.
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Fig. 5.
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Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 391-392.
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