Klinkerstraßen

[512] Klinkerstraßen sind hauptsächlich in den Küstengegenden Deutschlands und der Niederlande, wo es an natürlichen Gesteinen und an Kies mangelt, angewendet worden, in neuerer Zeit vielfach in Amerika sogar für städtische Straßen. Die Güte und Dauerhaftigkeit der Klinkerstraßen hängt wesentlich von der Gleichmäßigkeit und Güte der bis zur Verglasung (15–17 Tage) gebrannten und sehr langsam (4–5 Tage) abgekühlten Backsteine, der sogenannten Klinker (s.d.), und von der zur Herstellung des Pflasters angewendeten Sorgfalt ab.

Als Unterlage wird eine Sandbettung von 30–40 cm Stärke in gleichmäßiger Dicke nach der Schablone im Erdkarten der Straße abgerammt und abgewalzt. An den beiden Seiten der Fahrbahn werden zwei oder mehr Läuferreihen im Verband als Saumsteine gelegt, worauf zwischen diese die Klinker hochkantig der Länge nach, senkrecht zur Straßenachse, reihenweise im Verband, nach der die Wölbung angebenden Schablone gesetzt werden. Die Fugen sind möglichst eng zu halten und der Schlußstein gut einzupassen. Der Verband erfolgt entweder nach dem Läuferverband (Fig. 1) oder besser, indem die Stoßfugen jeder Schicht um 1/3 Stein gegen die vorhergehende verschoben wird (Fig. 2). Dadurch wird einem Durchbrechen der Klinker in der Mitte vorgebeugt. An Wegübergängen oder Krümmungen wird der Aehrenverband (Fig. 3), in letzterem Falle werden auch vielfach keilförmig angeordnete Steine verwendet. Nach Herstellung des Pflasters wird reiner Quarzsand in dünnen Lagen ausgestreut und unter andauernder Besprengung mit einem stumpfen Besen in die Fugen eingekehrt, worauf nach Beschüttung der fertigen Straße mit einer 1–5 cm hohen Sandschicht diese dem Verkehr übergeben werden kann. Die Erhaltung bezw. die Erneuerung dieser Sandschicht ist für Klinkerstraßen von großer Wichtigkeit, da durch diese das Aufschlagen der Pferdehufe gemildert und die Abnutzung der Steine vermindert wird. Zum Schutz gegen das Verwehen des Sandes durch den Wind werden meist die Fußwege erhöht angelegt und erhalten entweder eine Raseneinfassung oder einen seitlichen Abschluß durch Bordsteine. Zur Ausbesserung bezw. zum Herausholen einzelner zerbrochenen oder verschobenen Steine dient ein besonders geformter Schlüssel (Fig. 4).

Das für städtische Straßen verwendete Klinkerpflaster wird meist in Zementmörtel verlegt. Die Größe der Klinker ist sehr verschieden. Im allgemeinen wechselt die Länge zwischen 18 und 23 cm, die Breite zwischen 10 und 11 cm, die Dicke zwischen 4,5 und 5,5 cm. Die Bockhorner Klinker sind 22,8 cm lang, 18,8 cm breit, 5,2 cm dick und wiegen je 3 kg.


Literatur: [1] Osthoff, Die Klinker und die Klinkerstraßen, Leipzig 1882. – [2] Heusinger von Waldegg, Die Ziegelfabrikation, 3. Aufl., S. 60, Leipzig. – [3] Handb. der Ing.-Wiss., Leipzig 1903, 3. Aufl., Bd. 1, 4. Abt., 8. Kap., S. 236; Dümmler, Handb. d. Ziegelfabrikation, Halle 1897–1900,[512] S. 471. – [4] Handb. der Baukunde, Berlin 1892, 3. Abt., 4. Heft, S. 174. – [5] Willmann, L. v., Straßenbau, Fortschritte der Ingenieurwissenschaft, zweite Gruppe, Leipzig 1895, 4. Heft, S. 63. – [6] Engineering news 1893,1, S. 358; 1896,1, S. 282; 1900,1, S. 206. – [7] Engineering record 1900, Bd. 41, S. 196. – [8] Zeitschr. für Transportwesen und Straßenbau, 1893, S. 109, 496, 596; 1894, S. 141; 1895, S. 104; 1896, S. 125, 374, 560; 1897, S. 579; 1898, S. 117; 1899, S. 423. – [9] Zentralbl. der Bauverw. 1897, S. 380.

L. v. Willmann.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 3., Fig. 4.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 512-513.
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