Oelfarben

[765] Oelfarben, mechanische Mischungen von Körperfarben mit trocknenden Oelen (s. Leinöl, Mohnöl, Nußöl) oder mit Leinölfirnis, teils für technische (Anstrichfarben), teils für künstlerische Zwecke (Malerfarben, Künstlerfarben). Der Unterschied zwischen beiden liegt in der sorgfältigeren Auswahl der Farbkörper und Bindemittel sowie ganz besonders in der äußerst sorgfältigen Verreibung der Malerfarben.

Farben, welche längere Zeit aufbewahrt werden sollen, sowie empfindliche Nuancen (Weiß, zartes Gelb, Rosa u.s.w.) dürfen nur mit trocknendem Oel und nie mit Leinölfirnis angerieben werden. Jede Oelfarbe muß eine zarte, salbenartige Beschaffenheit zeigen, in welcher keinerlei auch noch so feine Körnchen oder feste Teilchen vorkommen dürfen, und bedarf in den meisten Fällen einer Verdünnung mit Leinölfirnis oder Terpentinöl; Verdünnung mit Leinöl bewirkt langsames Trocknen. Bei Bereitung der Oelfarben mischt man den äußerst fein pulverisierten, nicht feuchten Farbkörper in einem Gefäße oder auf eignen Maschinen (Mischmaschinen) mit dem trocknenden Oel und läßt den erhaltenen, mehr oder weniger dicken, breiigen Teig durch Mahlwerke (Farbreibmaschinen) verschiedener Konstruktion behufs weiterer inniger Mischung und Verfeinerung hindurchgehen. Nur Farbkörper in feinster Pulverform liefern eine brauchbare Farbe; Sandkörnchen und dergleichen feste Teilchen des Farbmaterials lassen sich auch auf der besten Farbmühle nicht sein verreiben. Damit vermischte Farben beanspruchen weit mehr Oel, decken schlecht und geben einen rauhen, körnigen statt eines gleichmäßigen, glatten Anstrichs. Jeder Farbkörper, welcher von solcher Beschaffenheit ist, daß er in Oel seine Undurchsichtigkeit behält, ist zu Oelfarben brauchbar. Ueber weitere Anforderungen an Oelfarben, Preise u.s.w. s. Anstrichfarben.

Künstlerölfarben, mit Leinöl, Mohnöl oder Nußöl, oft auch unter Zusatz kleiner Mengen von Harz, Wachs dick (salbenartig) angeriebene Farbkörper, müssen auf das sorgfältigste hergestellt, insbesondere seiner als gewöhnliche Oelfarben verrieben werden. Die Deutsche Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren hat eine Normalfarbenskala aufgeteilt und empfiehlt den Künstlern, in Rücklicht auf im Handel vielfach vorkommende minderwertige, namentlich nicht beständige Produkte, nur die von ihr geprüften Farben zu gebrauchen. Als Normalfarben gelten: Kremserweiß, Zinkweiß, Neapelgelb in drei Nuancen, Kadmiumgelb in zwei Nuancen, Hellocker, Goldocker (hell und dunkel), Terra di Siena, Terra Puzzuoli, Englischrot (hell und dunkel), Bergzinnober, Chinesischer Zinnober, Patentzinnober, Krapplacke (rote), Krapplack (violett), natureller und gebrannter Dunkelocker, gebrannte grüne Erde, gebrannte Terra di Siena, gebrannte und ungebrannte cyprische Umbra, Asphalt, Mumie, Kobaltblau, Ultramarinblau (hell und dunkel), Pariserblau, Chromoxydgrün, Kobaltgrün (hell und dunkel), böhmische und Veroneser grüne Erde, Elfenbeinschwarz und Rebenschwarz. Diese Farben genügen zur Erzielung aller in der Kunst gewünschten Effekte. Früher kamen die Künstlerölfarben in Blasen zum Verkauf, jetzt nur mehr in den sehr handlichen und bequemen Tuben, weshalb sie auch Tubenfarben genannt werden. Die Schwierigkeiten, welche beim Gebrauch der Farben hier und da sich geltend machen, daß sie zu dünn oder zu dick sind, sich (namentlich wenn sie alt und zäh werden) schwer verarbeiten lassen, haben dazu geführt, das Bindemittel mit Harzen, Wachs, Paraffin u.s.w. zu versetzen. Zu dieser Kategorie gehören auch die Mussinifarben. Sie sollen weniger Oel enthalten als andre Farben und bestehen aus dem Bindemittel, von Mussini »Sugo« (von sugare, trocknen) genannt, und dem Farbkörper; die Zusammensetzung dieses Bindemittels ist ein Geheimnis.

Andés

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 765.
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