Orthotypie

[782] Orthotypie, von Hauser in Naefels (Schweiz) und Jan Vilim in Prag ausgearbeitetes photomechanisches Halbtonverfahren (vgl. Klischee) zur Herstellung von Bilderdruckformen für lithographischen und typographischen Druck.

Das Verfahren beruht auf der Anwendung lichtempfindlichen Asphalts auf glatten Flächen von Stein oder Metall, während bei den übrigen Asphaltverfahren (s. Bd. 1, S. 317) die notwendige Zerlegung der geschlossenen Halbtöne des Originals in druckfähige Punkttöne (Korntöne) hauptsächlich durch die Verwendung gekörnter Platten erfolgt. Bei der Orthotypie geht jedoch die Kornbildung in der lichtempfindlichen Schichte selbst vor sich. Man erreicht dies, indem man nicht wie sonst nur den lichtempfindlichsten Teil des Bitumens (durch Ausfällen mit Aether aus einer Lösung von syrischem Asphalt in Chloroform und wiederholtes Waschen des Niederschlags mit Aether und sodann Lösen in Benzol erhalten) verwendet, sondern ein weniger gereinigtes Präparat benutzt. Und zwar kommt eine Lösung von Asphalt in Chloroform, der Alkohol zugesetzt wurde, zur Anwendung. Der Alkohol nimmt nur einen für Lichtwirkung unempfindlicheren Teil des Asphalts auf und bewirkt die Ausscheidung des größeren empfindlicheren Teils. Das Gemenge, auf eine Fläche gegossen und getrocknet, gibt eine aus weniger sensibelm gelbem Asphalt und aus lichtempfindlicherem schwarzem, schlangenartigem Asphaltkorn bestehende Schicht. Zur Ermöglichung eines glatten Gusses muß der Lösung noch Aether, zur Erzielung der nötigen Aetzfestigkeit Benzol zugesetzt werden. Die korrekte Kornbildung ist von dem Verhältnis der Lösungsmittelmengen und durch deren verschiedene Verdunstungsschnelligkeit, ferner von der Temperatur und Zeitdauer beeinflußt. (Man verwendet: Asphalt, Benzol, Alkohol, Aether und Chloroform für grobes Korn im Verhältnis 1 : 1 : 4 : 5 : 10, für feines Korn 1 : 1 : 2,5 : 5 : 10, bei 3,8 ccm Gemenge auf 19 qcm Fläche und Trocknen bei 15–30° C.) Die mit der Schicht versehene Platte wird Benzoldämpfen ausgesetzt, etwa 1 Stunde im Sonnenlichte unter einem Halbtonnegativ belichtet, mit französischem Terpentinöl und Benzol entwickelt und schließlich geätzt. Das Verfahren ergibt sehr hübsche tonreiche Reproduktionen und dient gleicherweise zur Herstellung von Buchdruckklischees wie von photolithographischen Platten.

A.W. Unger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 782.
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