Positionswinkel

[192] Positionswinkel, in der Geodäsie, der Winkel, den zwei Ziellinien in der durch beide gegebenen Ebene miteinander einschließen. Mit Spiegel- und Prismeninstrumenten (s.d.) erhält man stets Positionswinkel.

Dies gilt selbstverständlich auch für die Instrumente mit feilen Spiegel- oder Prismenwinkeln zum Abstecken der Winkel von 90°, 180° (und allenfalls 45°) bei Kleinaufnahmen, nur legt man hier sogleich beim Gebrauch des Instruments die Ebene des Positionswinkels horizontal, so daß man unmittelbar die genannten Horizontalwinkel absteckt. Beim Gebrauch von Reflexionsinstrumenten zur Höhenwinkelmessung liegt die Ebene des Positionswinkels vertikal; man mißt den Winkel zwischen einem Punkt und seinem Spiegelbild in einer horizontalen Spiegelebene, also das Doppelte des Höhenwinkels. Wenn dagegen ein mit diesen Instrumenten gemessener Positionswinkel zwischen zwei terrestrischen Zielpunkten für Lagemessungen in Betracht kommen soll, so ist der Positionswinkel auf den Horizont zu reduzieren, d.h. der ihm entsprechende Horizontalwinkel zu berechnen. Dazu braucht man noch die Höhenwinkel h1 und h2 nach den beiden Zielpunkten P1 und P2, zwischen denen der Positionswinkel α gemessen ist. Mit s = 1/2 (α + h1 + h2) wird für diesen Horizontalwinkel α1 zwischen P1 und P2


Positionswinkel

Sind h1 und h2 nicht groß (nicht über 2–3°), so ist, wenn beide in ' und der Unterschied zwischen α1 und α in '' genommen werden,


Positionswinkel

Wenn die Zielpunkte nicht so weit entfernt sind, daß bei der Genauigkeit, mit der man den gemessenen Winkel braucht, im Vergleich mit diesen Entfernungen die Abmessungen des Sextanten völlig verschwinden (z.B. Ablesung auf 1' an einem Dosensextanten von 8 cm Durchmesser bei Zielungen auf mehrere Kilometer), so kommt zu der angegebenen Reduktion noch eine parallaktische Reduktion; doch sind die Fälle, in denen diese vernachlässigt werden kann, für die terrestrische Sextantenmessung die wichtigsten, so daß der Verweis auf [1] oder [2] genügt. Für geodätischen Gebrauch auf dem festen Land sind nämlich Spiegel- und Prismeninstrumente immer unwichtiger geworden; um so unentbehrlicher sind sie in der Nautik (abgesehen von ihrer Verwendung in der astronomischen Navigation auch bei terrestrischer Winkelmessung von Schiffen aus bei Küstenaufnahmen, Positionsbestimmung des Schiffs in der Nähe der Küste durch Anzielen von Landsignalen u.s.w.).

In der Astronomie nennt man Positionswinkel die Winkel, die der Großkreisbögen zwischen zwei Punkten an der Sphäre, z.B. zwischen zwei Sternen, mit den Deklinationskreisen dieser Punkte einschließt. Stets wird dabei der Positionswinkel vom Nordzweig des durch den Punkt gehenden Deklinationskreises als Nullrichtung in der Richtung der wachsenden Rektaszensionen von 0–360° gezählt. Zur Messung der Positionswinkel dient das Positionsmikrometer (Fadenmikrometer mit Positionskreis, das Heliometer oder ähnliche Instrumente, die mit Positionskreisen versehen sind, bei parallaktisch aufgestelltem Fernrohr) [3].


Literatur: [1] Jordan, Grundzüge der astronom. Orts- und Zeitbestimmung, Berlin 1885, S. 209/11. – [2] Wislicenus, Handbuch der geograph. Ortsbestimmung, Leipzig 1891, S. 97. – [3] Vgl. die Handbücher der sphärischen und praktischen Astronomie von L. Ambronn, Handb. der astronomischen Instrumentenkunde, Berlin 1898.


Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 192.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: