Seeminen [2]

[706] Seeminen. – Die Neuerungen im Seeminenwesen erstrecken sich in der Hauptsache auf die Ausbildung der Streuminenwaffe. Das charakteristische Merkmal[706] der Streumine ist die automatische Tiefenstellung der Mine, welche das Ausloten des Sperrgebiets und das Einstellen der Ankertaulänge vor dem Werfen erspart, so daß die Verankerung von der Wassertiefe unabhängig ist.

In Verbindung mit einem leistungsfähigen Minendampfer bildet daher die Streumine nicht nur eine Verteidigungswaffe im Küstenkriege, sondern zugleich auch eine Angriffswaffe im freien Seeraum, und tritt sie damit neben Geschütz und Torpedo als gleichberechtigtes Kampfmittel im Hochseekampf auf. Die Streumine besteht aus dem eigentlichen eiförmigen Minenkörper und dem als Minenstuhl ausgebildeten Anker, auf welchem sie gelagert und transportiert werden kann (s. die Figur; der Minenkörper ist hier im Wasser schwebend gedacht). Sie wird als Ganzes von dem Minendampfer über Bord geworfen, und zwar zur Herstellung einer Minensperre in bestimmten Abständen. Die automatische Tiefeneinstellung ergibt sich dadurch, daß beim Wurf Minenkörper und Anker als Ganzes versinken. Während der Anker auf den Grund sinkt, hebt sich der Minenkörper allmählich von dem Minenstuhl infolge seines Auftriebes und wickelt das Ankertau von der auf dem Anker beteiligten Tautrommel so lange ab, bis die letztere durch eine an dem Minenkörper angebrachte und auf einen bestimmten Wasserdruck eingestellte hydrostatische Platte arretiert wird. Die Längen der Ankertaue werden neuerdings bis zu 100 m bemessen, so daß die in der Seekarte verzeichnete Hundertmeterlinie als die Grenze des Verwendungsbereichs der Streuminen gelten kann. Da der Wasserdruck der hydrostatischen Platte bei Einstelltiefen von 3–6 m nur wenig variiert, so ergeben sich im Seewasser mit Gezeitenströmungen leicht Einstellungsfehler, welche sich nicht immer vorausbestimmen lassen. Neben der technischen Vervollkommnung der Streumine als solche geht das Streben dahin, Gewicht und Wirkung der Sprengladung zu steigern. Bei den Minensperren ist jedoch insofern der Ladungssteigerung eine Grenze gesetzt, als man ein Mitdetonieren der Nachbarminen bei zu großer Sprengwirkung vermeiden muß, da sonst zu große Lücken in der Sperre entstehen würden. Ueber die zur Verwendung gelangenden Sprengstoffe sind zuverlässige Nachrichten nicht bekannt. Um die selbsttätig wirkenden Kontaktminen nach dem Losreißen von der Verankerung unschädlich zu machen, werden neuerdings Entschärfereinrichtungen verwendet. Ihre Wirkung beruht darauf, daß beim Aufschwimmen der Mine eine vom Wasserdruck gespannt gehaltene Membrane spannungslos wird und hierdurch einen im Innern der Mine gelagerten Kontaktunterbrecher betätigt, oder daß der Zug des Ankertaus eine Sender spannt, welche die Zündung verhindert, sobald sie entspannt ist, d.h. das Ankertau zuglos wird. Letztere Einrichtung wird bei der Streumine (s. die Figur) der Deutschen Sprengstoff-A.-G. Carbonit verwendet, und hat sich dieselbe im letzten türkischen Kriege gut bewährt. Auch ist man dazu übergegangen, aufnehmbare Streuminen einzuführen, so daß die Zeitdauer der Minensperre begrenzt werden kann.


Literatur: Automatic submarine mines; Engineering, April 1912. – Nauticus, Die Entwicklung der Seemine, Berlin 1913.

T. Schwarz.

Seeminen [2]
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 706-707.
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