Synthese, chemische

[402] Synthese, chemische, der künstliche Aufbau einer chemischen Verbindung aus den Elementen oder aus solchen Verbindungen, die man aus den Elementen darstellen kann. Die gegenteilige Arbeit wird durch die Analyse (s.d.) vollzogen, welche die Zerlegung der Stoffe in ihre einzelnen Bestandteile verfolgt.

Die Synthese hat nur Bedeutung für die organische Chemie, denn die anorganische Synthese bietet zu wenig Schwierigkeiten. Näheres in den Lehrbüchern der organischen Chemie, insbesondere auch in [1]. Um was für Synthesen es sich in der organischen Chemie handelt, zeigt folgende Aufstellung: Synthese einfacher organischer Verbindungen aus den Elementen, z.B. des Methans und Aethans von Kolbe, Melsens, Frankland, Gerhardt, Wurtz u.a., die Vereinigung von Kohlenstoff und Wasserstoff zu Acetylen (Berthelot), der Aufbau der Ameisensäure und des Formaldehyds aus den Elementen. Die pyrogenen Synthesen Berthelots, z.B. Ueberführung des von Berthelot aus den Elementen dargestellten Acetylens in eine große Anzahl von Kohlenwasserstoffen der Fettreihe (aliphatisch) und der aromatischen Verbindungen durch pyrogene Reaktionen (Reaktionen unter dem Einfluß hoher Hitzegrade). Synthesen durch Polimerisation der Körper. Teilweise beruhen diese letzteren auf der Polimerisationsfähigkeit ungesättigter Verbindungen beim Erhitzen auf hohe Temperaturgrade, teilweise auf andern Maßnahmen und Reaktionen. Genannt seien noch die Synthese der Nitrite, die Synthesen durch molekulare Umlagerungen (technisch wichtig zur Darstellung aromatischer Amine [Hofmann]), Synthesen durch Anwendung von Zinkalkylen, durch Vermittlung von Metallen, Synthesen von Ketonsäuren, Ketonaldehyden und Polyketonen. Synthesen mit Acetessigester (s.d.) und verwandten Körpern. Die Synthesen mittels Aluminiumchlorids, dann Synthesen durch Oxydation, die wieder von großem technischem Interesse sind, weil sie die Grundlagen des Rosanilinprozesses bilden. Als Oxydationsmittel verwendet man unter anderm Quecksilberchlorid, Quecksilbernitrat, Zinnchlorid und Arsensäure, in der Technik Nitrobenzol. Weiter zu nennen sind die Ketonsynthesen durch Destillation der karbonsauern Baryum- oder Calciumsalze, unter CO2-Abspaltung. Die Salizylsäuresynthese von Kolbe, überhaupt die Synthese von aromatischen Oxykarbonsäuren. Die Synthesen durch Kondensation von Aldehyden und Ketonen unter sich selbst oder miteinander (letztere Synthesen sind für die theoretische Chemie von großer Bedeutung geworden). Ganz hervorragend wichtig sind Fischers Zucker- und Eiweißsynthesen. Genannt seien noch die Pyridin- und Chinolinsynthesen. Die Elektrosynthesen werden auf dem Wege der Elektrolyse bewirkt, z.B. bei der Elektrolyse von essigsaurer Kalilösung entsteht Aethan. Näheres in den Lehrbüchern der organischen Chemie.


Literatur: [1] Fehlings Handwörterbuch, fortgesetzt von Carl Hell, Braunschweig. – [2] Schmidt, Pharm. Chemie, Organ. Teil, Braunschweig 1901.

Bujard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 402.
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