Ascŏli

[850] Ascŏli, Graziadio Isaia, ital. Sprachforscher, geb. 16. Juli 1829 in Görz, wurde zum Kaufmann bestimmt, wandte sich aber dem Sprachstudium zu und brachte es ohne Anleitung so weit, daß er schon im 16. Lebensjahr eine vortreffliche Arbeit über das Friaul ische veröffentlichen konnte. Das Hauptsammelwerk seiner frühern Arbeiten bilden die »Studj orientali e linguistici« (Görz 1854 f.). 1860 an die Akademie zu Mailand berufen, hat A. durch Wort und Schrift das Interesse an Sprachvergleichung, romanischer Sprachforschung und Sanskritstudien unter den Italienern bedeutend gefördert; die namhaftesten jüngern Gelehrten seines Vaterlandes nennen sich seine Schüler. Viele neue Entdeckungen hat A. besonders in dem Bereich der Lautlehre gemacht, auch in Deutschland ist er als einer der ersten Kenner und schärfsten Beobachter des Lautwechsels in den indogermanischen Sprachen und als einer der bedeutendsten Romanisten anerkannt. Sein Hauptwerk ist seine »Fonologia comparata del sanscrito, del greco e del latino« (Turin 1870; deutsch, Halle 1872); auch die »Studj critici« (Flor. 1861–1877; deutsch, Weim. 1878) enthalten meist lautliche Untersuchungen, ebenso die gehaltreichen »Lettere glottologiche« (Turin 1886; deutsch, Leipz. 1887). Seit 1873 gibt A. das in Mailand erscheinende »Archivio glottologico« heraus, dessen erster Band seine höchst wichtigen »Saggi ladini« enthält, und in dessen übrigen (bis jetzt 15) Bänden A. ebenfalls sehr wertvolle und z. T. grundlegende Forschungen über ladinische und italienische Dialektologie veröffentlicht hat. Von der königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin wurde A. 1887 zum korrespondierenden Mitglied, von der italienischen Regierung 1889 zum Senator des Königreichs ernannt. 1902 trat er in den Ruhestand. Vgl. »Miscellanea di linguistica in onore di Graziadio A.« (Turin 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 850.
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