Dädalos

[412] Dädalos, der mythische Repräsentant aller Kunstübung bei den Griechen, wie schon der »Künstler« bedeutende Name zeigt, eine bloße Personifikation, auf die man die ältesten Erzeugnisse der Architektur. Holzschnitzkunst und die nützlichsten technischen Erfindungen (die Axt, den Bohrer, die Setzwage u. a.), deren Urheber unbekannt waren, zusammentrug. Spätere Zeit hat die verschiedenen Lokalsagen von D. in Verbindung gebracht.

Dädalos und Ikaros, Relief in Villa Albani (Rom).
Dädalos und Ikaros, Relief in Villa Albani (Rom).

Sohn oder Enkel des Atheners Eupalamos (d. h. des[412] »Kunstfertigen«) und Urenkel des Königs Erechtheus, tötete er aus Neid seinen erfinderischen Schüler und Neffen Talos und floh, vom Areopag zum Tode verurteilt, zum König Minos von Kreta. Hier verfertigte er die Kuh der Pasiphaë (s.d.) und erbaute das Labyrinth, ward aber von Minos, weil er Ariadne (s.d.) zur Rettung des Theseus geholfen, mit seinem Sohn Ikaros ins Labyrinth gesperrt. Sie entflohen mittels künstlicher Flügel von Wachs und Federn. Ikaros (s.d.) stürzte ins Meer; D. aber entkam nach Sizilien zu König Kokalos, dessen Töchter den verfolgenden Minos in einem warmen Bad erstickten (s. Minos). In Sizilien zeigte man an verschiedenen Orten angebliche Bauwerke von ihm, ebenso in Sardinien und Italien, wo man ihm in Cumä den Apollotempel zuschrieb. In Griechenland führte man eine Reihe uralter Holzbilder auf ihn zurück. Er sollte zuerst menschliche Gestalten mit geöffneten Augen, ausschreitenden Füßen und beweglichen Armen dargestellt haben. Die Kunst behandelte von der Dädalossage besonders das Zimmern der Kuh der Pasiphaë, das Anfertigen der Flügel (s. Abbildung) und den Sturz des Ikaros (häufig in pompejanischen Wandbildern).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 412-413.
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