Danĭel

[490] Danĭel (hebr., »der Richter Gottes«, d. h. der im Namen Gottes Recht spricht), ein Hesek. 14,14. 20 und 28,3 mit Noah und Hiob zusammen genannter frommer Dulder der Vorzeit. Seine legendenhafte Geschichte erzählt das nach ihm genannte, in unsern lateinischen und deutschen Bibeln in die Zahl der sogen. vier großen Propheten aufgenommene Buch des hebräischen Kanons. Hiernach gehörte D. zu den unter Jojakim in das babylonische Exil weggeführten Juden, wo er schon unter Nebukadnezar eine hohe Stelle am Hof erlangte, die er auch unter Dareios und Kyros trotz aller gegen ihn gesponnenen Hofkabalen behauptete. Das halb chaldäisch, halb hebräisch geschriebene Buch D. ist erst unter Antiochos Epiphanes 165 v. Chr. geschrieben worden. Noch spätern Ursprungs sind einige griechische Zusätze (s. Bel). In der Weise der Apokalyptik (s.d.) wird die Verkündigung der Zeitereignisse bis auf die Gegenwart des Verfassers einem früher lebenden Seher als Weissagung in den Mund gelegt. Die Leser sollen dadurch in den Zeiten der syrischen Religionsnot getröstet und gestärkt werden, sofern alle scheinbaren Widerwärtigkeiten als vorausbedachte Teile des göttlichen Weltplans erscheinen, dessen letztes Ziel in einer demnächst anbrechenden Herrschaft des Volkes Gottes auf Erden besteht. Vgl. die Kommentare von Hitzig (Leipz. 1850), Kamphausen (das. 1893), Behrmann (Götting. 1894), Marti (Tübing. 1901), und A. v. Gall, Die Einheitlichkeit des Buches D. (Gießen 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 490.
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