Dreißigste

[192] Dreißigste, der 30. Tag nach dem Hinscheiden des Erblassers. Dieser D. hatte schon nach dem Sachsenspiegel I, 22 besondere Bedeutung. Bis zum Dreißigsten sollte die Stille des Sterbehauses nicht gestört werden; es konnte die Witwe nicht vom Hofe gewiesen, das Gesinde nicht entlassen, nichts geteilt oder weggeführt werden; die Haushaltungskosten bis zum Dreißigsten wurden aus der Erbmasse vorweg bestritten. Auch konnte der Erbe erst nach dem Dreißigsten wegen der Ansprüche gegen oder auf den Nachlaß belangt werden. Ein schwacher Überrest des Dreißigsten findet sich im § 1969 des Bürgerlichen Gesetzbuches, nach dem der Erbe den Familienangehörigen des Erblassers, die bei dessen Tod Wohnung und Unterhalt bei ihm hatten, diese Genüsse vom Eintritte des Erbfalles ab noch 30 Tage lang denselben gewähren muß, falls der Erblasser nichts andres bestimmt hat.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 192.
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