Exspektanzen

[228] Exspektanzen (lat. Exspectantiae, Exspectativae gratiae), im kanonischen Recht Anwartschaften (s.d.) auf noch unerledigte Kirchenstellen, im engern Sinn die von den Kapiteln verliehenen Anwartschaften auf vakant werdende Präbenden. Sie gingen bald vom Papst, bald vom Kaiser aus. Der Kaiser hatte das Jus primae precisRecht der ersten Bitte«), d. h. das Recht, für jede in den unmittelbaren Reichsstiftern nach seiner Thronbesteigung zuerst vakant werdende Pfründe Exspektanz zu verleihen. In der evangelischen Kirche begreift man unter Exspektanz sowohl die Anwartschaft aller geprüften und als zum Predigtamt tauglich befundenen Kandidaten auf dereinstige Anstellung und die Anwartschaft der angestellten Geistlichen auf Beförderung als auch speziell die einem Pfarrsubstituten eröffnete Spes succedendi. Auch in manchen Stiftern kommen E., Anwartschaften auf die zur Erledigung kommenden Stellen, vor, die ebenfalls schon mit einem gewissen Einkommen verbunden sind.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 228.
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