Extrakte

[230] Extrakte (Extracta, »Auszüge«), Präparate, die man durch Ausziehen (Extrahieren) von Pflanzensubstanzen mit Wasser, Alkohol, Äther etc. und Eindampfen des flüssigen Auszugs bis zur weichern oder stärkern Honigdicke (Extraktkonsistenz) oder bis zur Trockne erhält. Die E. enthalten in geringerm Volumen die wirksamen Bestandteile der Vegetabilien, aus denen sie dargestellt sind. Diese wirksamen Bestandteile aber sind von sehr verschiedener Natur, und um sie in Lösung zu bringen, bedarf man verschiedener Lösungsmittel. Danach unterscheidet man ätherische, alkoholische und wässerige E., von denen erstere besonders harzige, letztere wesentlich nur sogen. Extraktivstoffe (s.d.), die alkoholischen neben diesen auch harzige Stoffe enthalten. Bisweilen werden auch ausgepreßte Säfte frischer Pflanzen zur Extraktkonsistenz verdampft, nachdem durch geeignete Behandlung unwirksame Bestandteile, wie Schleim, Eiweiß, Chlorophyll, abgeschieden worden sind. Bei Bereitung des Auszugs muß mit möglichst wenig Flüssigkeit eine möglichst konzentrierte Lösung dargestellt und die vegetabilische Substanz doch vollständig erschöpft werden (vgl. Auslaugen). Die gewonnenen Auszüge werden bei einer den Siedepunkt des Wassers nicht übersteigenden Temperatur möglichst schnell eingedampft, damit von den flüchtigen Bestandteilen nichts verloren gehe und die Extraktivstoffe durch die Einwirkung der Luft sowenig wie möglich verändert werden. Aus denselben bildet sich nämlich besonders in höherer Temperatur leicht ein unlösliches Oxydationsprodukt, das die Lösungen der E. trübt (Extraktabsatz, Apothema). Von den alkoholischen und ätherischen Auszügen destilliert man den Alkohol und Äther ab, der zu demselben Zwecke (aber nicht zu jedem andern) wieder verwendbar ist. Die wässerigen Auszüge werden im Wasserbad unter beständigem Rühren (mit Rührapparaten) auf ein Drittel eingedampft, dann zum Absetzen einige Tage beiseite gestellt und nach[230] dem Durchseihen weiter verdampft. Alkoholische und ätherische Auszüge werden abgegossen und filtriert. Ätherische Auszüge sollen unter 50° verdampft werden. Sehr empfehlenswert sind Verdampfapparate mit Luftverdünnung, weil in ihnen die schädliche Einwirkung der Luft auf die Extraktbrühen fast vollständig vermieden und ein Verdampfen bei niederer Temperatur (40–50°) ermöglicht wird. Man unterscheidet dünne E., die frischem Honig gleichen, dicke, die erkaltet sich nicht ausgießen lassen, und trockne, die sich zerreiben lassen. Die trocknen E. werden durch starkes Eindampfen und Austrocknen der in dünne Streifen ausgezogenen Masse bei 35–40° erhalten. Die trocknen narkotischen E. läßt das deutsche Arzneibuch unter Zusatz von Süßholzwurzelpulver zu dem dicken Extrakt bereiten, wobei dann zwei Teile des trocknen Extrakts einem Teil dicken Extrakt entsprechen. E. finden namentlich als Arzneimittel Verwendung, doch werden auch aus Farbhölzern und Gerbmaterialien E. für die Technik dargestellt; ebenso hat man Gewürzextrakte (lösliche Gewürze), Kaffeeextrakt und als fast einziges Präparat aus tierischen Substanzen Fleischextrakt dargestellt. Im Handel führen bisweilen nicht eingedampfte spirituose Auszüge (Tinkturen) den Namen E. Vgl. Extractum und Fluidextrakt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 230-231.
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