Exzentrische Empfindungen

[234] Exzentrische Empfindungen, die eigentümliche Erscheinung, daß man die Ursache von Erregungen, die an irgend einer Stelle seines Verlaufs einen Nerv treffen, an die Endausbreitung des Nerves verlegt. Stößt man sich z. B. mit dem Ellbogen an einem harten Gegenstand, so hat man häufig eine unangenehme Empfindung in der Haut des kleinen Fingers und des Goldfingers. Taucht man den Ellbogen in Eiswasser, so treten sehr bald recht heftige Schmerzempfindungen in den genannten Fingern auf. Dies hängt damit zusammen, daß von dem Stoße der nahe unter der Haut verlaufende Ellbogennerv (Nervus ulnaris) getroffen worden ist, der sich in der Haut der genannten Finger verzweigt. Hierher gehört auch die Tatsache, daß man Schmerzen in Körperteilen haben kann, die man gar nicht mehr besitzt. Personen, denen ein Bein amputiert worden ist, haben, wenn der in der Narbe gelegene Nervenstumpf gereizt wird, nicht selten das Gefühl, als täte ihnen der Fuß oder diese oder jene Zehe des Gliedes weh, das sie gar nicht mehr besitzen. Man bezeichnet diese Erscheinung wohl auch als das »Integritätsgefühl der Amputierten«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 234.
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