Friedenthal

[110] Friedenthal, Rudolf, preuß. Staatsmann, geb. 15. Sept. 1827 in Breslau, gest. 7. März 1890 in Gießmannsdorf bei Neiße, studierte die Rechte und wurde 1854 Assessor bei dem Kammergericht. Um die Verwaltung seines großen Grundbesitzes und seiner industriellen Etablissements zu übernehmen, schied er 1854 aus dem Justizdienst, ward 1856 Kreisdeputierter für Neiße und 1857 Landrat des Kreises Grottkau. 1864 nach dem Tode seines Vaters aus dem Staatsdienst ausgeschieden und seit 1867 Mitglied des Reichstags, hielt er sich anfangs zu den Altliberalen und ward später Begründer und Führer der freikonservativen oder deutschen Reichspartei. Im November 1870 mit Blankenburg und Bennigsen als Vertrauensmann nach Versailles berufen, nahm F. an den Vorverhandlungen über die deutsche Reichsverfassung teil, trat 1870 auch in das preußische Abgeordnetenhaus, wo er, 1873 zum Vizepräsidenten gewählt, sich namentlich um die Kreisordnung (1872) und die übrigen auf die Verwaltungsreform bezüglichen Gesetze verdient machte. Am 19. Sept. 1874 an die Spitze des landwirtschaftlichen Ministeriums berufen, gab er seine industriellen Unternehmungen auf, verwaltete vom Oktober 1877 bis März 1878 während Eulenburgs Beurlaubung auch das Ministerium des Innern, ward aber nicht definitiv mit ihm betraut. Am 14. Juli 1879 nahm er seine Entlassung, weil er die neue Zollpolitik des Reichskanzlers nicht billigte, und ward im Oktober 1879 zum Mitglied des Herrenhauses ernannt. Er schrieb: »Reichstag und Zollparlament, gesetzgeberische Resultate der Sessionen von 1867 und 1868« (Berl. 1869).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 110.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika