Kitzel

[81] Kitzel (Titillatio), eine Empfindung, die in manchen Gegenden der Haut und der Schleimhaut infolge einer eigentümlichen Berührungsweise entsteht, meist Lachen bewirkt und den ganzen Organismus in einen Zustand von allgemeiner Konvulsion versetzen kann. Vorzüglich geeignet, die Empfindung des Kitzelns zu entwickeln, sind die Hohlhände, die Fußsohlen, die Achselhöhle, die Oberlippe, ferner die Rachen-, Kehlkopf- und Nasenschleimheit, der äußere Gehörgang und die Geschlechtsteile. Der Empfänglichkeitsgrad des Nervensystems hat bei der Entstehung des Kitzels größern Anteil als bestimmte anatomische Einrichtungen der verschiedenen Hautprovinzen; wenigstens sind Personen von mehr nervöser Konstitution, wie die Kinder, die Frauen, am meisten dazu geneigt. In der praktischen Medizin benutzt man das Kitzeln, um Reflexbewegungen, wie Niesen, Husten, Erbrechen, zu erregen, z. B. bei Scheintod, zur Entfernung fremder Körper aus der Nase und der Luftröhre, sowie bei Vergiftungen, wenn es darauf ankommt, das Gift schleunigst wieder aus dem Magen zu bringen, und wenn andre zweckmäßigere Mittel nicht gleich zur Hand sind. Man bewirkt dies Kitzeln mittels eines Federbartes, eines Strohhalms etc.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 81.
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