Kitzel

[547] Kitzel (Titillatio), eigene Art von Hautgefühl, schwebt zwischen Luft u. Schmerz ohne eines von beiden zu sein. Unter Umständen können leichte Hautreibungen ein angenehmes, selbst wollüstiges Gefühl erregen (wie beim Kratzen einer juckenden Hautstelle), bes. zur Aufregung der Geschlechtslust. Mehre bildliche Ausdrücke, wie Gaumen-, Ohren-, Autorkitzel, deuten ebenfalls darauf hin, daß der K. Vergnügen macht. Die Bedingungen des K-s sind eine etwas gespannte, nervenreiche Hautfläche, auf der, ohne daß solche vorher durch einen anderweitigen Reiz afficirt ist, geflissentlich ein Jucken erregt wird. Bes. sind die Fußsohlen, dann die innere Seite der Hand, die Achselgruben, die Gegenden zwischen den Rippen u. Hüften, von inneren Theilen bes. die Nasengänge, aber auch der Gaumen, After etc., dem Gefühl des K-s unterworfen. Die erste Erregung des K. ruft Lachen hervor, im Übermaß regt es eine Unruhe auf, länger fortgesetzt zieht es bei reizbarer u. kränklicher Anlage Lachkrämpfe u. Convulsionen nach sich. Die Empfänglichkeit für den K. ist eine Eigenthümlichkeit des kindlichen u. jugendlichen Alters, doch erst von der Zeit an, wo Kinder von der Außenwelt klare Vorstellungen erhalten. Auch Thiere sind dem K. unterworfen, bes. an inneren Hautflächen, wie in der Nase u. in den Ohren, u. geben, wenn sie diesen Eindruck erfahren, Andeutungen von Mißbehagen. Die Kitzelung (Kitzeln des Gaumens mit einer Feder, Finger etc.) ist ein wichtiges ärztliches Mittel zum schleunigen Hervorrufen von Erbrechen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 547.
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