Mikrokephalīe

[784] Mikrokephalīe (griech., Kleinköpfigkeit), eine während des Fötallebens sich ausbildende Verkümmerung des Kopfes (s. Abbildung).

Ein in einen normalen Schädel hineingezeichneter Mikrokephalenschädel.
Ein in einen normalen Schädel hineingezeichneter Mikrokephalenschädel.

Individuen mit dieser[784] pathologischen Abweichung, Mikrokephalen, zeigen infolge der geringen Ausbildung des Gehirns eine sich als Blödsinn (Idiotismus) charakterisierende unvollkommene Entwickelung der geistigen Fähigkeiten. Der Bau ihres Schädels, die niedrige Stirn, die wulstigen Augenbrauen, die vorstehenden Backenknochen, die dummfreundlichen, grinsenden Gesichtszüge, oft auch die gekrümmte Haltung des Körpers, die hastigen Bewegungen der Gliedmaßen weichen vom äußern Wesen gesunder Menschen ebensosehr ab wie das oft sinnliche Benehmen, die Tölpelhaftigkeit, die unartikulierte Sprache und der mehr oder weniger hervortretende Mangel selbstbewußten Denkens. Dies alles und gewisse Merkmale des mikrokephalischen Schädels veranlaßten Vogt, die Mikrokephalen als Affenmenschen und die M. als einen Rückschlag der menschlichen Organisation in eine frühere Stammform zu bezeichnen. Jedoch zeigen das Gehirn von Mikrokephalen und von Affen wesentliche Unterschiede, und so erscheint die M. lediglich als eine durch krankhafte Vorgänge im Fötalleben erzeugte Mißbildung. Es gibt mehrere Fälle, in denen gesunde Eltern unter mehreren gesunden und wohlgebildeten Kindern einzelne Mikrokephalen erzeugten, denen dann wieder normale nachgeboren wurden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 784-785.
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