Molken

[39] Molken (Waddike, Schotten, Käswasser, Sirte, lat. Serum lactis), die schwach gelbliche, etwas trübe, fade schmeckende Flüssigkeit, die zurückbleibt, wenn in der Milch der Käsestoff gerinnt. Da hierbei die Butter von dem Käsestoff eingeschlossen wird, so enthalten die M. nur noch Zucker und die Milchsalze neben geringen Mengen eiweißartiger Körper und etwas Fett. Die M. werden als Nebenprodukt bei der Käsebereitung erhalten (Quarkmolken bei der Sauermilchkäserei); man scheidet aus ihnen durch Zentrifugieren die darin noch enthaltene Molkenbutter ab oder versetzt sie mit Molkensauer (gegorne M. mit Gehalt an Alkohol, Essigsäure, Milchsäure) und erhitzt, wobei sich das Fett als Vorbruch abscheidet, aus dem Vorbruchbutter bereitet wird. Beim Kochen scheiden sich die in den M. enthaltenen Eiweißkörper (Schotten) ab, die auf Käse verarbeitet werden. Die von den Eiweißkörpern getrennte Flüssigkeit liefert beim Verdampfen das Molkengsied, einen unreinen Milchzucker, der von den Sennen mit Butter gemischt gegessen oder auf reinen Milchzucker verarbeitet wird. M. benutzt man vielfach auch als Viehfutter, zum Brotbacken und als Arzneimittel. Für letztern Zweck werden sie besonders bereitet. Süße M. werden mit Lab, besser mit Labessenz, hergestellt. Man erwärmt 200 Teile frischer Kuhmilch mit 1 Teil Labessenz auf 35–40° und gießt sie nach dem Gerinnen durch ein Tuch. Zu sauren M. erhitzt man 100 Teile frische Kuhmilch mit 1 Teil Weingeist bis zum Kochen. Bisweilen werden M. mit Alaun (Alaunmolken) oder Tamarinden(Tamarindenmolken) bereitet. Die Molkenpastillen bestehen aus Milchzucker und dem Gerinnungsmittel (Weinstein oder Alaun). Ost sind Molkenkuranstalten, die man in den Alpen und an fast allen größern Kurorten findet, mit Käsereien verbunden. Vielfach wird Ziegenmolke bevorzugt. Man benutzt die M. als Heilmittel bei Blutstockungen im Unterleib, bei Gicht, Skrofulose, besonders bei chronisch verlaufenden Affektionen des Respirationsapparats, vor allen bei Schwindsucht, oft gemischt mit Mineralwässern, wie Obersalzbrunn, Emser Kränchen. Man läßt die M. am besten bei Beginn der Krankheit trinken, wenn die Patienten husten und spärlich expektorieren, die lokalen Erscheinungen aber erst sehr wenig ausgebildet sind. Appetit und Verdauung müssen ungestört sein, auch darf keine Neigung zu Durchfall bestehen. Besonders wenn die M. an Badeorten mit günstigem Klima getrunken werden, zeigt sich ein bedeutender Erfolg, der aber zum vielleicht größten Teil als eine Wirkung des Klimas und der veränderten Lebensweise zu betrachten ist. Auch bei einfachen chronischen Bronchialkatarrhen, beim chronischen Kehlkopfkatarrh und bei Herzkrankheiten werden M. angewendet. Bei alkoholischer Gärung liefern M. den Molkenchampagner (Molkenpunsch), bei saurer Gärung Molkenessig. Vgl. Lersch, Die Kur mit Milch und den daraus gemachten Getränken (Bonn 1869) und die Schriften von Lebert (Berl. 1869) und H. E. Richter (Leipz. 1876, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 39.
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