Naharro

[381] Naharro, Bartolomé de Torres, einer der ältesten span. Dramatiker, wahrscheinlich im letzten Viertel des 15. Jahrh. im Dörfchen Torre bei Badajoz geboren, trat in den geistlichen Stand. Nach einer an Abenteuern reichen Jugend (er fiel z. B. in die Hände von maurischen Piraten, die ihn nach Algier[381] schleppten) trat er in Rom mit dem Kardinal Santa-Croce in Verbindung und fand an dem Papst Leo X. einen Mäcen. Später lebte er in Neapel unter dem Schutz der Familie Colonna. Seine fernern Schicksale sowie sein Todesjahr sind unbekannt. Seine Lustspiele, die nebst lyrischen und satirischen Gedichten u. d. T.: »Propaladia«, d.h. »Primeras cosas de Pallas« (Neapel 1517, Sevilla 1520, Toledo 1535 u. ö.), erschienen, gehören zu den Anfängen des spanischen Dramas, bezeichnen jedoch einen bedeutenden Schritt über Encina hinaus. Sie sind sämtlich in Redondillen abgefaßt, in fünf Akte (hier zuerst »Jornadas« genannt) geteilt und zum Teil gut erfunden und auch in fließender, obgleich mit Italianismen durchsetzter Sprache geschrieben. Die »Soldadesca« und die »Tinelaria« sind realistische Genrebilder (comedias á noticias); die »Serafina«, »Aquilana«, »Calamita« sowie die treffliche »Himenea« hingegen Phantasiestücke (comedias á fantasia). Wegen satirischer Ausfälle gegen den päpstlichen Hof wurde die »Propaladia« von der Inquisition verboten (doch nur von 1559–73) und eine gereinigte Ausgabe veranstaltet (Madr. 1573). Böhl v. Fabers »Teatro español« (Hamb. 1832) enthält Proben; Ochoas »Tesoro del teatro español« (Par. 1838) die »Himenea«, die auch im 2. Bd. der »Biblioteca de autoros españoles« steht. Eine kritische Ausgabe der »Propaladia« begann M. Cañete und vollendete Menéndez y Pelayo (Madr. 1880 u. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 381-382.
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