Nonĭus

[733] Nonĭus (Vernier), ein kleiner Maßstab, der sich an einem größern verschieben läßt und die Messung von Teilen ermöglicht, die kleiner sind als die direkt angegebenen. Teilt man 11 (allgemein n+1) Teile des Maßstabes A in 10 (allgemein in n) Teile und trägt sie auf dem N. B auf, so ist ein Noniusteil um 1/10 (allgemein um 1/n) größer als ein Teil des Maßstabes, und wenn ein bestimmter Teilstrich des N. auf einen Teilstrich des Maßstabes trifft, so sind die folgenden Teilstriche um 1/10, 2/10, 3/10 etc. (allgemein um 1/n, 2/n, 3/n etc.) den entsprechenden Teilstrichen des Maßstabes voraus. Die Noniusteile werden hier vom Nullpunkt an rückwärts gezählt; da die einzelnen Noniusteile den Teilen des Maßstabes vorhergehen, nennt man diesen N. einen vortragenden (Fig. 1).

Fig. 1. Vortragender Nonius.
Fig. 1. Vortragender Nonius.

Da nun in der Figur der Teilstrich 4 des N. mit einem Teilstrich des Maßstabes zusammenfällt, so steht der Nullpunkt des N. umt, 4/10 eines Maßstabteiles vor dem ihmentsprechenden Strich des Maßstabes, und eine Linie, deren Endpunkte der (in der Figur nicht angegebene) Nullpunkt des Maßstabes und derjenige des N. sind, enthält also 354/10 Maßstabteile. Teilt man aber nicht 11, sondern 9 (allgemein n-1) Maßstabteile auf dem N. in 10 (allgemein in n) Teile, so ist ein Noniusteil um 1/10 (allgemein um 1/n) kleiner als ein Teil des Maßstabes, und wenn ein Strich des N. auf einen Strich des Maßstabes fällt, so liegen die folgenden Noniusstriche um 1/10 2/10 etc. hinter den entsprechenden Maßstabstrichen. Die Noniusteile werden hier vom Nullpunkt an vorwärts gezählt, und da der Strich 4 des N. (Fig. 2) auf einen Strich des Maßstabes fällt, so liegt der Nullpunkt des N. um 4/10 über dem Teilstrich 27 des Maßstabes.

Fig. 2. Nachtragender Nonius.
Fig. 2. Nachtragender Nonius.

Eine von den Nullpunkten des Maßstabes und des N. begrenzte Länge hat also 274/10 Maßstabteile. Der N. heißt ein nachtragender. Meistens ist der nachtragende N. (Fig. 2) im Gebrauch, da er die Annehmlichkeit hat, daß bei ihm Maßstab- und Noniusteilung in der gleichen Richtung wachsen. Zur scharfen Koinzidenzbestimmung der zusammenfallenden Striche werden die Abstände der benachbarten Striche mit benutzt; um dies auch am Rande der Teilung zu ermöglichen, sind meistens noch einige Überstriche (Exzedenz) auf dem N. angebracht. Die Größe 1/10 oder allgemein 1/n, die den Unterschied zwischen einem Teil des Maßstabes und des N. bildet, heißt die Angabe des N. Allgemein ist nun bei jedem N. die Entfernung des Nullpunktes des N. vom nächst vorhergehenden Teilstrich des Maßstabes gleich der Angabe multipliziert mit der Zahl des ersten Noniusteilstrichs, der auf einen Strich des Maßstabes fällt. In gleicher Weise wie bei geradlinigen Maßstäben wird der N. auch bei geteilten Kreisbogen angewendet. Der Name N. rührt von dem Portugiesen Petrus Nonius (s. Nuñez 1) her, in dessen Schrift »De crepusculis« (Olyssibone 1542) eine Vorrichtung zur Messung kleiner Bogen beschrieben wird, die aber von unserm N. verschieden ist. Letzterer findet sich zuerst beschrieben in »La construction, l'usage et les propriétés du quadrant de mathématique« (Brüssel 1631) des Niederländers Pierre Vernier (Peter Werner, 1580–1637); daher der Name »Vernier« (bisweilen auch »Werner«) statt N.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 733.
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