Notfeuer

[815] Notfeuer (altd. Nodfyr, Wildfeuer), im deutschen und englischen Mittelalter das zu religiösem Gebrauch und für Heilzwecke (namentlich bei Viehseuchen) gebrauchte Feuer, das nach der Methode der Naturvölker durch Reibung zweier Hölzer oder eines hölzernen Wagenrades um seine Achse neu erzeugt werden mußte. Sowohl die Oster- und Johannisfeuer als auch diejenigen, durch die man das kranke Vieh trieb, mußten nach vorausgegangener Löschung aller brennenden Feuer im Ort so erzeugt werden. Die Sitte fand sich übrigens bereits im alten Indien und ging auf Griechen und Römer über, bei denen das Palilien- und Vestafeuer an einem bestimmten Tag im Jahr (wie später die Osterfeuer), oder wenn es aus Nachlässigkeit verlöscht war, auf diese Weise neu erzeugt werden mußte. Am längsten hat sich die Sitte in Mecklenburg, Thüringen und im Harz erhalten, wo noch 1842 und später (in der Gegend von Quedlinburg) amtlich von den Ortsschulzen N. angeordnet wurden, mm die Schweine gegen Milzbrand zu schützen. Ebenfalls gegen Viehseuchen sind noch in der jüngsten Zeit in Hohenhameln im Hildesheimischen N. erzeugt worden. Vgl. Jahn, Die deutschen Opfergebräuche bei Ackerbau und Viehzucht (Bresl. 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 815.
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