Quental

[516] Quental (spr. kentāl), Anthero de, nächst João de Deus der größte portug. Lyriker der Neuzeit, geb. 18. April 1842 in Ponta-Delgada auf der Azoreninsel San-Miguel, gest. (durch Selbstmord) daselbst 11. Sept. 1891, studierte 1859–65 Rechtswissenschaften auf der Landesuniversität Coimbra, doch ohne jemals ein Amt zu übernehmen. Poesie, Literatur, Philosophie waren von Jugend auf seine Hauptbeschäftigung. Ein Nervenleiden führte ihn nach Paris und auf weitern Reisen bis nach Amerika, hernach aber in ein kleines, ruhiges Provinzialstädtchen (Villa do Conde), wo er zurückgezogen bis 1890 lebte. Noch als Student trat er mit einem Heftchen formvollendeter und gedankenreicher Sonette (1861) und mit dem Gedicht »Beatriz« (1864) hervor; er übernahm dann die Führung im Kampfe gegen den im Geiste der veralteten Arkadier dichtenden Castilho (s. d.), gegen dessen ästhetisches Ideal er die Flugschriften »Bom-senso e bom-gosto« und »A dignidade das letras« (1865) schleuderte sowie als Beispiele für den neuen Geschmack die unter dem Einflusse von Victor Hugos »Châtiments« entstandenen »Odes modernas« (1865; vermehrte Ausg., Porto 1875). Später folgten »Primaveras romanticas« (Porto 1871), ein neues Heft »Sonetos« (das. 1881) sowie eine Reihe wertvoller Prosaschriften, unter denen »Portugal perante a revolução de Hespanha« ( 1868), »Causas da decadencia dos povos peninsulares« (1871), »Considerações sobre a philosophia da historia litteraria portugueza« (1872) und »A poesia na actualidade« ( 1881) nennenswert sind. Sein poetisches Hauptwerk ist ein Band von über 100 Sonetten, in denen die verschiedenen Phasen sein er sich vom gläubigen Mystizismus durch atheistische und pessimistische Zweifel zu schmerzlicher, doch philosophischer Resignation bewegenden Weltanschauung ergreifenden und formvollendeten Ausdruck gefunden haben (»Sonetos completos«, mit Einleitung von Oliveira Martins, Porto 1886; 2. Aufl. mit Übertragungen in fremde Sprachen, das. 1891). Sie wurden ins Deutsche von W. Storck (Paderb. 1887, mit der Autobiographie des Dichters) und von Canizzaro ins Italienische übersetzt (»Sonetti completi«, Messina 1898), zum Teil auch ins Schwedische und Englische. Nach Quentals Tode veröffentlichte Th. Braga Ungedrucktes, vom Dichter Verworfenes, vorwiegend aus der Studentenzeit als »Raios de extincta luz« (Lissabon 1892). Sein bedeutendstes Prosawerk, eine Vorarbeit zu seiner Philosophie, ist »Tendencias geraes da philosophia na segunda metade do seculo XIX«. Vgl. Th. Braga, Modernas ideias na litteratura portugueza (Lissab. 1892), der ihm jedoch nicht gerecht wird; Björkman, Anthero Q. (Upsala 1894) und besonders das Gedenkbuch »In Memoriam« (Porto 1894), in dem Freunde dem Verstorbenen ein schönes Denkmal errichtet haben.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 516.
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