Ratskammer

[619] Ratskammer (Chambre du conseil) hieß in Frankreich ein durch den Code d'instruction criminelle geschaffenes Kollegium aus wenigstens drei Mitgliedern des Tribunals erster Instanz, das über die Resultate der Voruntersuchungen im Strafprozeß zu entscheiden hatte. In Frankreich wurde die R. durch Gesetz vom 17. Juli 1856 wieder aufgehoben. Dagegen bestand die Einrichtung in Deutschland, wo sie in verschiedenen Bundesstaaten, insbes. auch in Preußen, nachgeahmt worden war, fort bis zum Erlaß der Reichsstrafprozeßordnung. Sachlich besteht sie nach letzterer auch heute noch, insofern § 196 ff. daselbst, verbunden mit § 72 des Gerichtsverfassungsgesetzes, die Entscheidung über die Resultate der Voruntersuchung in land- und schwurgerichtlichen Sachen der mit drei Mitgliedern besetzten Strafkammer des Landgerichts zuweisen. In Österreich existiert die R. auch noch dem Namen nach als ein bei den Landes- und Kreisgerichten für die Strafsachen bestehender und aus drei Richtern für die Dauer eines Jahres zusammengesetzter Senat, dem die Aussicht über die Voruntersuchung obliegt, und der die im Laufe des Verfahrens nötigen Zwischenentscheidungen erteilt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 619.
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