Richepin

[901] Richepin (spr. risch'pāng), Jean, franz. Dichter, geb. 14. Febr. le 19 zu Medeah in Algerien als Sohn eines Militärarztes und einer ehemaligen Marketenderin, auf deren dunkle Herkunft er sich lange stützte, um sich selbst für einen Zigeuner auszugeben. Er war beim Ausbruch des Krieges von 1870 Zögling der höhern Normalschule in Paris, wurde Franktireur, dann Matrose, Schauspieler, bis das übersprudelnde Kraftgenie, das in ihm gärte, sich endlich legte. 1872 erschien sein erster Roman: »Les étapes d'un refractaire«, und 1876 die in ihrer Verwegenheit geniale »Chanson des gueux«, die ihm wegen ihrer Gewagtheit in Form und Inhalt unter Mac-Mahons Präsidentschaft eine Gefängnisstrafe und die Entziehung der staatsbürgerlichen Rechte zuzog. Im gleichen übermütigen Geiste sind »Les Caresses« (1877), »Les Blasphèmes« (1844) und »La Mer« (1886) gedichtet. Inmitten gewollter Brutalität prangen Blüten reinster, vollster Poesie, die R. einen hervorragenden Platz unter den lyrischen Dichtern seines Landes anweisen; in »Mes Paradis«, der Verherrlichung des Familienlebens (1894), zeigt sich seine Muse abgeklärter, aber auch schwächer. Als Romanschriftsteller vereinigt R. ungebundene Romantik mit naturalistischem Detail. Zu erwähnen sind: »Madame André« (1874), die poetische Zigeunergeschichte »Miarka, la fille à l'ourse« (1883, als Oper mit Musik von A. Georges 1905), »La Glu« (1881, wirksam dramatisiert 1883). Es folgte das in diiche Versdrama für Sarah Bernhardt: »Nana Sahib« (1883). Weniger gelang die Molière-Nachbildung »Monsieur Scapin« (1886), aber mit dem gemütvollen Fischerdrama »Le Flibustier« (1888) faßte R. in der Comédie-Française festen Fuß. Es folgten die Versdramen »Par le glaive« (1892), »Vers la joie« (1894), der beliebte »Chemineau« (1897), »La Martyre« (1898), der weniger gelungene »Don Quichotte« (1905). Unter den spätern Romanen sind noch hervorzuheben: »Braves gens« (1888), »Le cadet«, sein bestes Prosawerk (1890), »Flamboche« (1895), der »magische« Roman »Lagibasse« (1900). – Sein Sohn Jacques R. (geb. 1879 in Paris) zeigte früh ansehnliche dichterische und dramatische Begabung in den Versdramen »La reine de Tyr« (1899), »La Cavalière« (1901), in dem erfolgreichen »Cadet Roussel« (1903) und »Falstaff« (1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 901.
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